Immobilien-Benko erneut vor Gericht: Milliarden-Pleitier versteckt Schatztruhe in Weinkartons
Im zweiten Prozess steht René Benko zusammen mit seiner Ehefrau Nathalie vor Gericht: Sie sollen 370.000 Euro Bargeld und Luxusuhren versteckt haben.
Am Mittwochmorgen stehen sie nun beide im Gerichtssaal in Innsbruck vor der Anklagebank. Der Milliarden-Pleitier René Benko wird zuerst hereingeführt, Ehefrau Nathalie lässt sich 15 Minuten länger Zeit.
Die ominöse Ehefrau im Hintergrund will auf jeden Fall vermeiden, fotografiert zu werden. Erst müssen alle Kameraleute raus, dann kommt sie rein. Ein knappes Jahr sollen sie sich nicht gesehen haben, seit er im Januar dieses Jahres in U-Haft sitzt. In diesem zweiten Benko-Prozess sind nun beide angeklagt.
Was sich laut Staatsanwaltschaft im März 2024 im Tiroler Dorf Pfunds abgespielt hat, mutet an wie ein abenteuerliches Vertuschungsmanöver von Möchtegern-Kriminellen. René und Nathalie Benko sollen 120.000 Euro Bargeld sowie elf Edel-Uhren und goldene Manschettenknöpfe im Wert von 250.000 Euro in einem geheimen Safe deponiert haben. Macht zusammen 370.000 Euro. Eine Art Notration? Genau zu dieser Zeit musste Benko Privatinsolvenz anmelden. „Ein denkbar simpler Sachverhalt“, sagt der Staatsanwalt.
Das sieht das Innsbrucker Landesgericht nur zum Teil so. Am Abend wird René Benko zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt, Nathalie Benko erhält einen Freispruch. Für ihre angeklagten Taten gebe es „keine Beweise“, wie die Vorsitzende Richterin Heide Maria Paul ausführt. Bei Benko geht das Gericht lediglich davon aus, dass er zwei Uhren de facto für sich selbst behalten hatte. Wem die restlichen gehörten, sei nicht zu ermitteln gewesen.
Mitte Oktober gab es schon das erste Verfahren gegen den gescheiterten Immobilienentwickler, Vielfach-Unternehmer und einstigen Multimilliardär. Das Setting war ganz ähnlich: der gleiche größte Saal des Innsbrucker Landesgerichts, der gleiche Medienandrang mit mehr als 50 angemeldeten Journalisten. Filmkameras, Blitzlichtgewitter.
Das Augenmerk gilt nun der 42-jährigen Nathalie Benko fast mehr als ihrem Mann, erstmals seit dem Mega-Crash von Benkos Signa-Konzern muss sie sich öffentlich zeigen. Sie ist gebürtige Schweizerin, soll früher Model gewesen sein. Gegen Medienberichte, dass sie sich von ihrem Mann getrennt und die Scheidung eingereicht haben soll, geht sie regelmäßig per Anwalt vor. Als Beruf gibt sie vor Gericht an: „Mami, fulltime.“ Das Paar hat drei Kinder.
Der Safe soll im Auftrag von Nathalie Benko ins Haus ihrer Tante und ihres Onkels angeliefert worden sein. Im Keller war er in einer Ecke versteckt, davor hatte man leere Weinkartons drapiert. Dumm nur, dass ein ehemaliger Leibwächter Benkos zu jener Zeit in der Schweiz in U-Haft saß wegen eines anderen Vergehens.
Millionenschwere Ringe für die Dame, Luxusuhren für die Kinder
Den Ermittlern den genauen Weg zum Tresor schilderte in der Hoffnung auf Strafnachlass in eigener Sache. René Benko wird nun „Betrügerische Krida“ vorgeworfen, also Insolvenzbetrug, seiner Frau die Beihilfe dazu. Die Vermögenswerte stehen, so sehen es die Ermittler, nicht dem Ehepaar, sondern den vielen Gläubigern zu, die in Benkos Signa-Unternehmenskette investiert hatten.
Im ersten Verfahren ist Benko zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ohne Bewährung, der Schuldspruch ist noch nicht rechtskräftig. Die Richterin hatte es als erwiesen angesehen, dass er während seiner Pleite noch 300.000 Euro auf eine Privatstiftung verschoben hatte, der formal seine Mutter Ingeborg Benko vorsteht. Tatsächlich aber hat er Zugriff auf das Geld.
Jetzt sagen die beiden Anklagen nichts, sie lassen ihre Anwälte reden. Benko-Verteidiger Norbert Wess kritisiert „Hass und Häme“ der Medienberichterstattung. Die Anklage sei „Science-Fiction“. Seine Version: 2021, auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, habe Benko seine Familie großzügig bedacht. Seine Frau habe Ringe in Millionenhöhe erhalten, seinen kleinen Söhnen habe er acht Luxusuhren vermacht. „Das ist nichts Unübliches“, so der Rechtsanwalt.
Nathalie Benkos Anwalt Michael Hohenauer weiß eine Alternativerklärung dafür, warum man das Haus von Tante und Onkel als Standort ausgesucht hat: Weil Nathalie Benko klar war, dass sie ihre Prunk-Villa in Innsbruck Igls verlassen werden müssten. Dass sie den Tresor organisiert hatte, „hat nichts mit der Insolvenz zu tun“. Darin seien schließlich auch Diamantringe von ihr im Wert von 5,5 Millionen Euro aufbewahrt, die nicht in der Anklage aufgenommen sind. Die 120.000 Euro gehörten auch ihr, das sei „Haushaltsgeld“.
Dem heute 48-Jährigen Selfmademan aus Innsbruck schien einst alles zu gelingen. In Österreich, Deutschland oder auch Italien projektierte er einen Bau nach dem anderen – hochpreisige Geschäftsflächen, Gewerbe, edles Wohnen. Wirtschaft und Politik umgarnten ihn. Investoren, Banken, Versicherungen gaben ihm gern ihr Geld. René Benko hatte Netzwerke fast überall hin.
Der Investor, Transportunternehmer und Milliardär Klaus-Michael Kühne aus Hamburg war sein Buddy. Den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) holte er als Top-Manager in die Signa. Auch zum Nachfolger und einstigen ÖVP-Shootingstar Sebastian Kurz war die Verbindung eng.
Glamouröses Aufsteigerpaar
René Benko und Ehefrau Nathalie gaben gern das glamouröse Aufsteigerpaar in der High Society. Sie zeigten sich, strahlten in die Kameras, ob bei Events im Tiroler Nobelort Kitzbühel oder auf dem Münchner Oktoberfest. Benko war es nicht allein, er wusste das System perfekt zu bedienen, das ihn dann in höchste Höhen katapultierte.
Von der krachenden Pleite bleiben utopisch wirkende 40 Milliarden Euro fehlendes Geld, die die Gläubiger zurückfordern. Da wirken jene von Benko und Gattin mutmaßlich versteckten Werte in Höhe von 370.000 Euro an wie ein Tropfen in einem der schönen Pools in den verschiedenen einstigen Benko-Villen.
Doch die in Wien ansässige Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft, die einen donnernden Ruf genießt, arbeitet eins nach dem anderen ab. Sie ermittelt in 14 „Strängen“ (Themenbereichen). Erst das einfache, dann das komplexere. Man kann demnach mit 14 Benko-Anklagen und -Verfahren in den kommenden Jahren rechnen.
Das jetzige Verfahren zeigt auch, wie eng bei der Benko-Familie Geschäft und Privates vermischt waren. Das Ehepaar soll den Tresor im Haus ihrer Tante gemeinsam befüllt haben. Nathalie Benko hatte immer wieder Positionen bei der Signa inne.
An ihrem jetzigen mutmaßlichen Wohnort, einer Villa im Innsbrucker Stadtteil Hungerberg, ist laut „Firmen-Abc“ eine „NB Immo GmbH“ gemeldet. Geschäftsführerin wie Gesellschafterin ist „Frau Benko Nathalie“. Alle mit dabei in diesem Benko’schen Karussell – Gattin, Mutter, angeheiratete Tante sowie Onkel.
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