Vorwurf der Untreue: Anklage gegen Ex-RBB-Intendantin Schlesinger
Die Staatsanwaltschaft Berlin klagt Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger an und wirft ihr Untreue vor. Ihr droht eine hohe Strafe.
kna | Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat die ehemalige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, wegen Untreue in 26 Fällen angeklagt. Das gab die Behörde am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekannt. Die Anklage erstreckt sich auch auf weitere frühere leitende Mitarbeiter des RBB. Sie sollen zwischen Januar 2018 und Juli 2022 „in unterschiedlicher Beteiligung das Vermögen des RBB geschädigt haben“, so die Generalstaatsanwaltschaft.
Schlesinger wird vorgeworfen, als Intendantin Zahlungen erhalten zu haben, die nicht mit den für eine öffentlich-rechtliche Anstalt geltenden Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar gewesen seien und die unter bewusster Umgehung der Kontroll- und Aufsichtsfunktionen des Verwaltungsrates zustande gekommen sein sollen. Darüber hinaus habe sie dem Sender weitere unzulässige Kosten verursacht, etwa mit unzulässigen Zulagen im Rahmen des ARD-Vorsitzes im Jahr 2022 oder durch die Abrechnung privater Bewirtungskosten über die Anstalt.
Neben Schlesinger gehören auch der frühere Verwaltungsdirektor, die seinerzeitige Juristische Direktorin sowie der damalige Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrats zu den Angeklagten. Laut Gericht stehen die Angeschuldigten im Verdacht, „in wechselnden Konstellationen teilweise mittäterschaftlich gehandelt“ zu haben. In sieben Fällen soll von einem besonders schweren Fall aufgrund der gewerbsmäßigen Begehungsweise beziehungsweise des besonders hohen Schadens auszugehen sein. Laut Generalstaatsanwaltschaft bestreiten die Angeklagten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.
Auch Zivilgerichte verhandeln
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren nach Bekanntwerden der Vorwürfe im August 2022 eingeleitet worden. Zuvor hatten sich schon Zivilgerichte mit dem Fall befasst. Im Juli hatte das Landgericht Berlin entschieden, dass Schlesinger trotz der Vorwürfe das mit ihr vertraglich vereinbarte Ruhegeld in Höhe von rund 18.300 Euro monatlich zusteht. Die Richter hatten aber auch festgestellt, dass der Sender gegenüber seiner früheren Intendantin Schadensersatzansprüche für nicht korrekt abgerechnete Dienstreisen und unzulässigerweise gewährte Zulagen geltend machen kann. Das zivilrechtliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der RBB hat Berufung eingelegt.
Über Schlesingers Rolle beim geplanten „Digitalen Medienhaus“ hatte das Zivilgericht nicht entschieden, sondern den Komplex vom laufenden Verfahren abgetrennt. Der Fall soll in einem eigenen Prozess verhandelt werden. Das unter der Intendantin geplante und nach ihrem Rücktritt eingestellte Bauprojekt hat dem RBB nach eigener Darstellung Schäden in Millionenhöhe zugefügt. Zudem gibt es Zweifel, ob bei der Auftragsvergabe die im RBB beziehungsweise für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geltenden Vorgaben eingehalten wurden.
Sollten Schlesinger und die anderen ehemaligen RBB-Führungskräfte nun wegen Untreue verurteilt werden, droht ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Weil die Staatsanwaltschaft bei einigen Vorwürfen sogar von besonders schweren Fällen ausgeht, könnte die Strafe unter Umständen womöglich noch höher ausfallen. Der Ausgang des Strafprozesses dürfte zudem auch Auswirkungen auf die noch anhängigen beziehungsweise ausstehenden zivilrechtlichen Verfahren haben.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert