Bündnis Sahra Wagenknecht: Hamburger BSW-Chef schmeißt hin und teilt aus
Schon die Gründung des BSW in Hamburg war turbulent. Nun geht der Landeschef von der Fahne. Er beklagt den „destruktiven“ Kurs der Wagenknecht-Partei.
dpa/taz | Das Bündnis Sahra Wagenknecht kommt nicht zur Ruhe. Nach den Personalquerelen in Sachsen-Anhalt, den Aus- und Wiedereintritten in der BSW-Landtagsfraktion von Brandenburg und zuletzt den offenkundigen Verwerfungen zwischen Dogmatiker:innen und Pragmatiker:innen beim Bundesparteitag rummst es nun im Landesverband Hamburg. Mal wieder.
Am Freitag trat der Hamburger Co-Landesvorsitzende der Wagenknecht-Partei, Konstantin Eulenburg, zurück – verbunden mit giftigen Abschiedsgrüßen an die ehemalige Bundestagsabgeordnete Żaklin Nastić. Die Hamburger BSW-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl im Februar 2025 habe über Monate auf Teile des Landesverbandes „destruktiv und spaltend“ eingewirkt, begründete Eulenburg seinen Schritt.
„Das Maß des Erträglichen ist für mich dadurch überschritten, dass Żaklin Nastić trotz fehlenden Votums und ohne Unterstützung ihres Landesverbands Hamburg beim Bundesparteitag kandidierte und mit knappem Ergebnis in den Bundesvorstand gewählt wurde“, heißt es in dem Rücktrittsschreiben Eulenburgs. Die persönliche und familiäre Belastung durch diese Auseinandersetzungen sei für ihn nicht länger tragbar.
Nastić war am vergangenen Wochenende beim BSW-Parteitag in Magdeburg mit etwas über 50 Prozent der Delegiertenstimmen als Beisitzerin in den Bundesvorstand gewählt worden. Die 45-Jährige darf dabei selbst für BSW-Verhältnisse als ausgesprochene Hardlinerin gelten.
In Magdeburg forderte sie unter anderem, Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) ebenso wie die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright vor Gericht zu zerren. „Diese Kriegsverbrecher gehören vor Tribunale“, sagte Nastić. Etwas Recherche vor der Wutrede hätte geholfen: Albright ist bereits 2022 gestorben.
Nastić bedauert Rücktritt ein bisschen
Die ehemalige Linken-Landeschefin Nastić und der Werbefotograf Eulenburg liegen schon länger über Kreuz. Den Rücktritt bedauerte Nastić jetzt zwar. Zugleich erklärte sie, „der Versuch, diesen Rücktritt in einen Zusammenhang mit einer völlig selbstverständlichen und demokratischen Wahl auf dem Bundesparteitag zu stellen“, sei für sie „nicht nachvollziehbar“.
Der BSW-Landesverband brauche Stabilität und Verlässlichkeit. „Statt mit personalpolitischen Grabenkämpfen müssen wir mit unseren klaren Konzepten für eine friedliche Außenpolitik, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft in der öffentlichen Wahrnehmung präsent sein“, sagte Nastić.
Eulenburg war vor einem Jahr bei der Gründung des BSW-Landesverbands zu dessen Co-Vorsitzenden gewählt worden. Zuvor hieß es über ihn, er sei „die gute Seele des BSW in Hamburg“. Allein, ein Gute-Seele-Sein reicht nicht, um einen Laden wie die Wagenknecht-Partei zusammenzuhalten. Die Gründungsgeschichte des Hamburger BSW war dann auch turbulent. Zwischenzeitlich gab es gleich zwei konkurrierende Landesverbände.
Bei der Bundestagswahl im Februar kam das BSW in Hamburg mit Nastić an der Spitze auf magere 4 Prozent. Bei der Bürgerschaftswahl eine Woche später verpasste das Bündnis den Einzug ins Landesparlament mit nur 1,8 Prozent dann so richtig krachend.
Der damalige Co-Landesvorsitzende, Joachim Brack, hatte schon am Abend der Hamburg-Wahl erkannt: „Das geht in Richtung Sektierertum, dafür stehe ich nicht.“ Brack nahm umgehend seinen Hut, nicht ohne seinem bisherigen Vorstandskollegen Eulenburg schwere Vorwürfe zu machen: Der habe ihn im Wahlkampf hängen lassen. Im Mai trat Brack dann aus dem BSW aus.
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