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Terror in AustralienZwölf Tote bei Anschlag auf jüdisches Lichterfest

Am berühmten Bondi Beach in Sydney töten zwei Bewaffnete 12 Menschen, die Chanukka feiern. Premier Albanese: Stehen an der Seite der jüdischen Gemeinschaft.

Die Polizei sperrt einen Bereich am Bondi Beach nach einem gemeldeten Zwischenfall in Sydney ab Foto: Mark Baker/AP/dpa

afp/rtr/dpa | Bei einem Terroranschlag auf ein jüdisches Fest in der australischen Metropole Sydney haben Angreifer offiziellen Angaben zufolge 12 Menschen getötet. Der Anschlag am ersten Tag des Chanukka-Festes habe sich gegen die jüdische Gemeinschaft gerichtet, sagte der Regierungschef der Region New South Wales, Chris Minns. Er zeigte sich angesichts der Tat schockiert. Nach Polizeiangaben wurden 29 Menschen in Krankenhäuser gebracht, unter ihnen zwei Polizisten.

Merz: „Diesem Antisemitismus müssen wir Einhalt gebieten“

Kanzler Friedrich Merz sprach von einem „antisemitischen Anschlag“, der ihn fassungslos zurücklasse. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen“, schrieb der CDU-Politiker auf X. „Dies ist ein Angriff auf unsere gemeinsamen Werte. Diesem Antisemitismus müssen wir Einhalt gebieten – hier in Deutschland und weltweit.“

Ereignet hatte sich der Angriff am beliebten Strand Bondi Beach, wo sich viele Familien zu einer Chanukka-Feier versammelt hatten. Das achttägige Lichterfest begann an diesem Sonntag. Die Polizei sprach von zwei Angreifern. Sie hätten am Sonntagabend gegen 18.47 Uhr begonnen, auf Familien zu schießen. Einer der Angreifer sei getötet worden. Medienberichten zufolge handelt es sich um Naveed Akram (24), offiziell bestätigt wurde dies jedoch nicht. Ein anderer mutmaßlicher Täter sei in Gewahrsam, teilte die Polizei mit. Er sei verletzt worden und in kritischem Zustand.

Israels Präsident: „Grausamer Angriff auf Juden“

Mehrere Menschen sind bei dem Angriff verletzt und getötet worden Foto: Mark Baker/AP/dpa

Australiens Premierminister Anthony Albanese sprach von einem „Terrorakt“. „Wir werden an der Seite der jüdischen Gemeinschaft stehen“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Fragen von Journalisten, ob sein Land genug gegen wachsenden Antisemitismus tue, wies er zurück. Australien nehme das Thema ernst, sagte Albanese. Kurz nach der Tat hatte er in einem X-Post von „schockierenden und erschütternden“ Szenen gesprochen.

Minns, der Premier von New South Wales, sagte, der Angriff sei „darauf ausgerichtet gewesen, die jüdische Gemeinschaft zu treffen“. Was ein Tag des Friedens und der Freude hätte sein sollen, der in der Gemeinde mit Familie und Unterstützern gefeiert werden sollte, sei „durch diesen schrecklichen und bösartigen Angriff erschüttert“ worden, sagte Minns. Dies sei schockierend und schmerzhaft. Viele Regierungschefs wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer äußerten ihr Mitgefühl

Die jüdische Organisation Australian Jewish Association erhob auf X Vorwürfe: „Wie oft haben wir die Regierung gewarnt? Kein einziges Mal hatten wir das Gefühl, dass sie zugehört hat.“ Israels Staatspräsident Izchak Herzog forderte Australien zu mehr Schutz der jüdischen Gemeinde auf. „In genau diesen Momenten sind unsere Schwestern und Brüder in Sydney, Australien, von abscheulichen Terroristen angegriffen worden – bei einem äußerst grausamen Angriff auf Juden, die sich versammelt hatten, um am Bondi Beach die erste Chanukka-Kerze zu entzünden.“

Herzog sagte weiter: „Wir wiederholen unsere Warnungen immer wieder gegenüber der australischen Regierung, um Maßnahmen einzufordern und gegen die enorme Welle des Antisemitismus zu kämpfen, die die australische Gesellschaft heimsucht.“ Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 ist eine weltweite Welle von Antisemitismus zu beobachten, darunter Angriffe auf Juden und Synagogen, bei der Israel-Kritik teils in Hass gegen Juden umschlägt.

Der Angriff und ein mutiger Held

Videos in den sozialen Medien zeigen dramatische Szenen am Tatort. Eines zeigt einen Schützen, der von einer nahegelegenen Brücke aus feuert. Zu sehen sind auf den Videos auch Menschen, die in Panik vom Tatort fliehen.

Ein Video zeigt einen Passanten, der während des Anschlags einen der zwei Schützen überrascht und entwaffnet. Zu sehen ist, wie der Mann dem Angreifer zunächst von hinten auf den Rücken springt. Nach einem kurzen Gerangel nimmt er ihm das Gewehr ab. Der mutmaßliche Täter, der zuvor noch mit dem Gewehr geschossen hatte, kann jedoch hinkend entkommen. In australischen Medien wird der Passant als „Held“ gefeiert.

Ein anderes im Netz kursierendes Video zeigt Verletzte und mutmaßlich Tote auf einer Wiese liegend. Einige Menschen scheinen behandelt oder wiederbelebt zu werden.

Während der Einsatz am Sonntagabend (Ortszeit) noch lief, meldete die Polizei, dass eine Reihe verdächtiger Gegenstände in der Umgebung von Spezialkräften untersucht werde, eine Sperrzone sei eingerichtet worden.

Deutsch-Israelische Gesellschaft: „Antisemitismus tötet“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat sich „zutiefst erschüttert“ vom tödlichen Angriff am Bondi Beach in Sydney gezeigt. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir stehen solidarisch an der Seite der jüdischen Gemeinschaften weltweit“, sagte der Präsident der Gesellschaft, Volker Beck, laut einer Mitteilung. „Auch wenn viele Hintergründe noch ermittelt werden müssen, steht eines bereits fest: Antisemitismus tötet.“ „Wer jüdische Feiern, jüdische Einrichtungen und Jüdinnen und Juden terroristisch angreift, handelt aus antisemitischer Motivation“, sagte Beck laut Mitteilung. „Der in den vergangenen zwei Jahren massiv gewachsene Israelhass hat die Bedrohung für jüdisches Leben in Deutschland erheblich verschärft.“

Auch die Konferenz der Europäischen Rabbiner zeigte sich erschüttert, dass „ein Fest des Lichtes durch Terror zerstört wurde“. „Wir trauern mit der jüdischen Gemeinde von Sydney und mit den Familien, die um ihre Angehörigen trauern, die kaltblütig ermordet wurden – nur weil sie Juden waren“, sagte der Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt einer Mitteilung zufolge.

Antisemitismusbeauftragter: Nicht einschüchtern lassen

Nach dem tödlichen Angriff am Bondi Beach in Sydney ruft der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dazu auf, sich von solchen Taten nicht abschrecken zu lassen. „Wichtig ist, dass wir uns von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen – weder an Chanukka noch auf Weihnachtsmärkten“, sagte Klein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Zugleich mahnte Klein einen entschlossenen Schutz von Jüdinnen und Juden an. „Dass jüdisches Leben und jüdische Festtage immer wieder zum Ziel von Terror werden, ist unerträglich. Weder der Staat noch unsere Gesellschaft dürfen dies und seine Ursache, den Antisemitismus, unwidersprochen hinnehmen“, sagte er. Auch in Deutschland bestehe weiterhin eine abstrakt erhebliche Gefährdungslage für jüdische Einrichtungen. Die Sicherheitsbehörden seien aber gut aufgestellt und es gebe derzeit keine konkreten Hinweise auf Anschläge.

Terror in Sydney schockiert EU-Spitzen

Spitzenvertreter der EU haben sich entsetzt über die Ereignisse am Strand Bondi Beach in der australischen Metropole Sydney gezeigt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb in sozialen Netzwerken, sie sei schockiert über den Angriff und sende ihr Mitgefühl an die Familien und Angehörigen der Opfer. Europa stehe an der Seite Australiens und der jüdischen Gemeinschaften überall. „Wir sind vereint gegen Gewalt, Antisemitismus und Hass“, betonte sie.

Ähnlich äußerte sich auch EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Kallas erklärte: „Dieser abscheuliche Akt der Gewalt gegen die jüdische Gemeinschaft muss aufs Schärfste verurteilt werden.“ Metsola schrieb zu einem Bild von einem Leuchter für das jüdische Lichterfest Chanukka: „Dieses Licht wird nicht erlöschen.“

Staats- und Regierungschef verurteilen antisemitischen Angriff in Sydney

Nach dem tödlichen Angriff auf eine Feier zum jüdischen Lichterfest Chanukka am berühmten Bondi Beach in Sydney haben europäische Staats- und Regierungschefs Antisemitismus scharf verurteilt. Frankreich „wird weiter ohne Schwäche gegen antisemitischen Hass kämpfen“, erklärte der französische Präsident Emmanuel Macron am Sonntag im Onlinedienst X. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verurteilte auf X „entschieden jede Form von Gewalt und Antisemitismus“ und sprach den Opfern ihre Anteilnahme aus.

„Die Nachricht, dass der Angriff am Bondi Beach ein antisemitischer Terroranschlag gegen jüdische Familien bei einer Chanukka-Veranstaltung war, ist widerlich“, schrieb der britische Premierminister Keir Starmer auf X. Großbritannien „wird immer an der Seite Australiens und der jüdischen Gemeinschaft stehen“, fügte er hinzu.

Der niederländische Regierungschef Dick Schoof sprach auf X von einem „dunklen Tag für Australien“. „An diesem ersten Tag von Chanukka betrauern wir die Opfer des schrecklichen Schusswaffenangriffs in Sydney“, schrieb der belgische Regierungschef Bart De Wever. „Antisemitismus hat in unseren Gesellschaften keinen Platz, und wir müssen ihn mit unerschütterlicher Entschlossenheit bekämpfen. Immer“, fügte er hinzu. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenksj erklärte auf X die „Solidarität“ der Ukraine „angesichts des brutalen Terrorangriffs (…) auf die jüdische Gemeinschaft zu Beginn von Chanukka“.

Anschlag in Sydney: UN-Chef Guterres „entsetzt“

UN-Generalsekretär António Guterres hat sich entsetzt über den tödlichen Anschlag in Sydney gezeigt. Er verurteile diese „abscheuliche Attacke“, teilte der UN-Chef über die Online-Plattform X mit. „Mein Herz ist bei der jüdischen Gemeinschaft auf der ganzen Welt an diesem ersten Tag von Chanukka, ein Fest, das das Wunder des Friedens und das Licht, das die Dunkelheit besiegt, feiert.“

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