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Freilassungen in BelarusLukrativer Menschenhandel

Kommentar von

Barbara Oertel

Lukaschenko setzt Inhaftierte als Faustpfand ein. Er lässt Oppositionelle einkerkern, um ihre Freilassung dann von den USA erkaufen zu lassen.

Friedensnobelpreisträger Ales Bialiatski nach seiner Freilassung am Wochenende Foto: Mindaugas Kulbis/ap

W elche Torturen, Qualen und Erniedrigungen Menschen in belarussischen Gefängnissen und Strafkolonien durchleiden müssen, ist hinlänglich bekannt. Wer nicht schon hinter Gittern zugrunde geht, bleibt lebenslang gezeichnet. Deshalb muss die Freilassung von 123 politischen Gefangenen am vergangenen Wochenende Freude und Erleichterung auslösen.

Daraus jedoch auf einen Sinneswandel von Alexander Lukaschenko zu schließen, wäre naiv. Für den belarussischen Dauerherrscher sind Inhaftierte ein wertvolles Faustpfand, das er geschickt zu nutzen weiß. Frei werdende Plätze in Haftanstalten nach vergleichbaren Begnadigungsaktionen füllen sich in der Regel schnell wieder – Nachschub gibt es genug. Es ist eine Art von Menschenhandel zur Durchsetzung eigener Interessen, und dazu ist Lukaschenko, skrupellos wie er ist, jedes Mittel recht.

Umso willkommener dürfte ihm auch die Gegenleistung der USA sein, die den jüngsten Deal, wie auch schon im vergangenen September, eingefädelt haben. Washington hebt US-Sanktionen gegen das Staatsunternehmen Belaruskali auf, das seit August 2021 auf der schwarzen Liste stand. Dieser Schritt kommt für Lukaschenko zum richtigen Zeitpunkt. Wirtschaftlich läuft es in Belarus schlecht. Von dem engen Verbündeten Russland hat das Land in dieser Hinsicht momentan kaum etwas zu erwarten. Gleichzeitig könnte die Annäherung zwischen den USA und Belarus eine Botschaft an Moskau sein, dass es für Belarus vielleicht auch Alternativen zum großen Nachbarn gibt. Das Taktieren zwischen Ost und West gehörte auch schon in der Vergangenheit zu Lukaschenkos Werkzeugkasten.

Donald Trumps Sonderbeauftragter für Belarus, John Coale, der jetzt die Gespräche mit Lukaschenko führte, sagte, Lukaschenko könne auf Putin einwirken – in Sachen Beendigung des Krieges in der Ukraine, versteht sich. Dafür spricht im Moment wenig bis gar nichts. Und wer in der Beziehung zwischen Minsk und Moskau Koch und wer Kellner ist, liegt auf der Hand. Derzeit sitzen noch über 1.000 politische Gefangene in belarussischen Knästen ein. Ihre Freilassung zu erwirken, muss ein vorrangiges Ziel sein. Das sollte Europa nicht den USA überlassen.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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2 Kommentare

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  • Im Gespräch zu bleiben ist selten falsch und wäre es unter der Decke.



    Dass Weißrussland aber auf Vorrat einkerkerte, ist klar (mit der Methode hat leider auch u.a. Netanyahu gearbeitet und sich den 7.10. zum Freibekommen mit geschaffen). Das zu belohnen ist der falsche Anreiz. Diejenigen sollten schon vorher aus Weißrussland raus.



    Vielleicht war es aber auch einfach nur ein Vorwand von Putinfreund Trump, da einen Schmuggelweg wieder mehr zu öffnen und die Solidarität aufzuweichen.

  • Das Gute ist, dass man im Gespräch ist, auch wenn das ein ethisch fragwürdiger Vorgang ist. Diese Art der Devisenbeschaffung kennen wir aus den Zeiten der DDR. Nochmal : es gibt drei Formen der zwischenmenschlichen Interaktion: Lieben, Hassen, Isolieren . Die Letzte ist die Schlimmste.