EU-Parlament schwächt Lieferkettengesetz: Jetzt muss die SPD standhaft bleiben
Brüssel hat der Entkernung der Lieferkettenrichtlinie zugestimmt. Nun ist es an der SPD, eine Schwächung des deutschen Gesetzes zu verhindern.
E s fällt schwer, die positive Nachricht anzuerkennen, aber es gibt sie: Mit der Abstimmung im Europäischen Parlament ist endlich klar, es wird ein europäisches Lieferkettengesetz geben. Sehr, sehr, sehr große Unternehmen sind in Zukunft verpflichtet, auf Menschenrechtsverstöße in ihren Lieferketten zu reagieren.
Sie dürfen nicht mehr wegsehen, wenn ihre Profite durch Zwangsarbeit oder Umweltverschmutzung steigen. Und Gewerkschafterinnen und Menschenrechtler haben eine Grundlage, auf der sie sich bei diesen wenigen Unternehmen und Behörden beschweren können, auf der sie auf Verbesserungen drängen können.
Das ist nicht selbstverständlich. Denn zahlreiche Wirtschaftslobbyverbände haben von Anfang an sehr viel Geld investiert, um dieses Vorhaben zu kippen. Und sie haben viel erreicht. Zu Beginn der Verhandlungen sollten die Regelungen noch für alle Unternehmen gelten, bis ins letzte Lieferkettenglied, wo die schwersten Menschenrechtsverstöße stattfinden. Jetzt sollen sie nun nur noch für Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten. In Deutschland wären das etwa 150 Unternehmen.
Sie sollen nur noch ihren ersten Zulieferer überprüfen. Auch die Vereinfachung des Zivilrechts, um Geschädigten die Möglichkeit zu geben, auf Wiedergutmachung zu klagen, wurde gestrichen. Stattdessen soll es bei einem undurchsichtigen juristischen Dschungel für Betroffene – aber auch Unternehmen – bleiben.
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Ein starkes europäisches Lieferkettengesetz, das für viele Unternehmen gilt, hatte großes Potenzial – auch deswegen war es so hart umkämpft. Für diese Abschwächung war der Verhandlungsführer und Fraktionschef der Konservativen, Manfred Weber (CSU), auch bereit, mit den ultrarechten Fraktionen zu kooperieren.
Immerhin steht jetzt aber ein Gerüst, auf das weitsichtigere Politiker*innen aufbauen können. Für Deutschland kommt es jetzt darauf an, dass die SPD sich gegen den Koalitionspartner durchsetzt und das deutsche, strengere Lieferkettengesetz nun nicht weiter abschwächt.
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