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Linke will Erbschaftsteuer diskutierenRegierung will Schlupflöcher für Superreiche nicht stopfen

Selbst der Internationale Währungsfonds empfiehlt, ungerechte Schlupflöcher für überreiche Erben zu schließen. Die Bundesregierung juckt das nicht.

Mit vollen Händen wirft die Regierung das Geld aus dem Fenster, auc weil es kein anständige Erbschaftssteuer gibt Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Bundesregierung ignoriert die Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser hatte kürzlich im Zusammenhang mit der Rentenreform höhere Vermögen- und Erbschaftsteuern vorgeschlagen. Auch „die Schließung von Schlupflöchern bei der Erbschaftsteuer“ nannte der IWF in einer Analyse zur schwächelnden deutschen Wirtschaft als Möglichkeit, den Bundeshaushalt zu konsolidieren. Die Linksfraktion im Bundestag hat daraufhin bei der Bundesregierung nachgefragt, ob sie diese millionenschweren Schlupflöcher schließen will.

Die Antwort der Bundesregierung, die der taz vorliegt, ist knapp und eindeutig: Nein. Wörtlich heißt es: „Konkrete Maßnahmen im Sinne der Fragestellung sind aktuell nicht geplant“, erklärte der parlamentarische Staatssekretär Michael Schrodi für das Finanzministerium von Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD). Das wirkt zwar in der Deutlichkeit ignorant, überrascht aber kaum: Im 146 Seiten langen Koalitionsvertrag taucht das Wort Erbschaftsteuer nicht ein einziges Mal auf – obwohl die Ungerechtigkeiten des deutschen Steuersystems unter Ex­per­t*in­nen seit Langem bekannt sind.

Steuerschlupflöcher für Überreiche gibt es viele: etwa absurde Schonregeln ab 26 Millionen Euro für angeblich bedürftige Milliardäre, die ihre Steuern nicht bar zahlen könnten. Oder die Überschreibung von Vermögen in sogenannte Familienstiftungen, die vor allem den Reichsten zugutekommt. Die Bundesregierung scheint das nicht zu kümmern.

Die Linke will das Thema nun offensiv aufgreifen. Für die Plenumsdebatte am Freitag hat sie einen Antrag eingebracht, der die Abschaffung von Steuerprivilegien für die größten Erbschaften fordert. Doris Achelwilm, steuerpolitische Sprecherin der Linken, kritisierte gegenüber der taz: „Die Bundesregierung ignoriert dringende Notwendigkeiten und hält an den Privilegien für die größten Erbschaften fest.“

Eine Mehrheit wird der Antrag wohl nicht finden

Es sei unverständlich, dass das geerbte Haus der Großmutter voll besteuert werde, während 300 Wohnungen oder ganze Konzerne steuerfrei vererbt werden könnten: „Das ist beinharte Politik für die Interessen der Allerreichsten, auf Kosten aller anderen. Die Manöver gegen den Sozialstaat sind auch vor diesem Hintergrund unverschämt und entschieden zurückzuweisen.“

Der Antrag der Linken wird voraussichtlich keine Mehrheit finden. Zwar gibt es in der Gesellschaft ein starkes Gerechtigkeitsempfinden und Kritik an der Bevorzugung der Superreichen, doch parteipolitisch spiegelt sich das kaum wider. Trotz einzelner politischer Initiativen haben sich SPD und Grüne lange nicht an dieses zentrale Thema der Ungleichheit herangewagt – auch aus Angst, eigene Wäh­le­r*in­nen zu verprellen.

Häufig ist das auch ein Aufklärungsdefizit: Viele Menschen fürchten, dass sie von einer möglichen Erbschaftsteuerreform selbst betroffen wären – auch wenn man über Freibeträge Vermögenswerte wie das Haus der Großeltern ausnehmen könnte. Immerhin fordern die Grünen mittlerweile eine gerechtere Erbschaftsteuer.

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