Bundesverwaltungsgericht zu Hammerskins: Skinhead-Bruderschaft wieder erlaubt
Die „Hammerskins“ können erneut legal agieren. Die Richter kippten das Verbot des Dachverbandes. Der Grund: Dessen Existenz war nicht nachweisbar.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des Vereins „Hammerskins Deutschland“ aufgehoben, mit der Begründung, dass es einen solchen bundesweiten Zusammenschluss nicht gebe. Das Bundesinnenministerium kann gegen das Urteil keine Rechtsmittel einlegen. Damit können die rechtsextremistischen Hammerskins vorerst wieder aktiv werden.
Die Hammerskin Nation wurde 1988 in Dallas gegründet und breitete sich in der Folge international aus. Sie versteht sich als elitäre neonazistische Skinhead-Bruderschaft, die für den „Schutz der weißen arischen Rasse“ kämpft.
In Deutschland waren die Hammerskins vor allem mit klandestinen Konzerten von Nazi-Bands aktiv. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) gab es 2023 in Deutschland 13 regionale Ableger, sogenannte Chapter, mit insgesamt rund 130 Mitgliedern.
Im September 2023 verbot die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) den „Verein Hammerskins Deutschland“ mit allen regionalen Chaptern und der Teilorganisation Crew 38, die sich für Hammerskins vor Gericht einsetzt. Bei einem parallelen Polizeieinsatz durchsuchten rund 700 Polizist:innen die Wohnungen von 28 Hammerskin-Mitgliedern in zehn Bundesländern.
Zentrale Steuerung nicht belegt
Faeser führte drei Gründe für das Verbot an: Erstens richte sich der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung, zweitens sei der Verein gegen die Völkerverständigung gerichtet, und drittens liefen Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwider. Gemeint sind hier wohl vor allem Äußerungsdelikte, die Verwendung verbotener Symbole und unerlaubter Waffenbesitz.
Doch die Hammerskins klagten mit Erfolg gegen das Verbot vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Gericht stellte fest, dass es den angeblichen Verein „Hammerskins Deutschland“ als eine den Chaptnern übergeordnete bundesweite Struktur gar nicht gibt.
Es gebe zwar ein „National Officers Meeting“, bei dem sich Vertreter der Chapter regelmäßig treffen. Doch dieses diene nur der Koordination. Das BMI konnte das Gericht nicht überzeugen, dass dort für die Chapter und die Mitglieder verbindliche Entscheidungen getroffen werden. Eine zentrale Steuerung der regionalen Chapter sei nicht belegt.
Wenn es aber keinen bundesweiten Verein der Hammerskins gibt, dann konnte er auch nicht verboten werden. Das Bundesverwaltungsgericht hob damit das Verbot wieder auf, wovon auch alle Chapter und die Crew 38 profitieren.
Jedes Bundesland für sich allein
Der Fehler kann nun auch nicht unkompliziert korrigiert werden. Denn für das Verbot lediglich regional relevanter Vereine, wie der Hammerskin-Chapter, ist nicht das BMI zuständig, sondern die jeweiligen Landesinnenministerien. Diese werden nun wohl prüfen, ob sie gegen die einzelnen Chapter genügend Verbotsgründe und Belege in der Hand haben.
Das ist natürlich viel aufwendiger als ein zentrales bundesweites Verbot. Dabei muss eines der 13 Chapter sicher nicht mit einem deutschen Verbot rechnen: Wie das Bundesverwaltungsgericht feststellte, ist das Chapter „Sarregau“ ein französisches Chapter.
Mit den inhaltlichen Verbotsgründen beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht gar nicht. Sie wurden also weder bestätigt noch beanstandet. Da das Leipziger Gericht bei bundesweiten Vereinsverboten erst- und letztinstanzlich zuständig ist, kann das Innenministerium gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel einlegen. Die Aufhebung des Verbots ist also rechtskräftig.
Zweite Schlappe für Faeser
Die Hammerskin-Chapter können nun zunächst wieder legal agieren. Dass sie sich völlig aufgelöst haben, wurde in AntiFa-Kreisen eh bezweifelt. Nach einer Recherche von exif-recherche nahmen an einem Hammerskin-Treffen in Italien Mitte November 2025 auch knapp 30 deutsche Hammerskins aus verschiedenen Chaptern teil.
Schon im Juni hatte das BMI beim Bundesverwaltungsgericht eine Niederlage erlitten, als das Gericht das vereinsrechtliche Verbot der rechtsextremen Compact Magazin Gmbh aufhob. Die verfassungswidrigen Inhalte von Compact seien „nicht prägend“ für das Magazin gewesen, so die Begründung.
Zuständig war in beiden Fällen der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts unter seinem Vorsitzenden Ingo Kraft. Am 28. Januar wird dieser Senat über ein weiteres Vereinsverbot von Nancy Faeser verhandeln. Dann geht es um die religiös-völkische „Artgemeinschaft“, die ebenfalls im September 2023 verboten worden war. (Az.: 6 A 6.23 u.a.)
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