Klimaklage von Indonesier*innen: Schweizer Betonkonzern muss vor Gericht
Der Betonkonzern Holcim ist einer der größten CO2-Emittenten der Welt. Vier Indonesier haben ihn nun auf Schadensersatz und Klimaschutz verklagt.
Das Schweizer Kantonsgericht Zug hat eine Klimaklage von vier Indonesier*innen gegen den Betonkonzern Holcim angenommen. Damit ist der Weg frei für den ersten zivilrechtlichen Klimaprozess in der Schweiz. „Wir freuen uns sehr. Dieser Entscheid gibt uns die Kraft, unseren Kampf fortzusetzen“, sagte Ibu Asmania, eine der Kläger*innen.
Die vier Kläger*innen leben auf der indonesischen Insel Pari, die vom Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels bedroht ist. Ibu Asmania, Pak Arif, Pak Edi und Pak Bobby berichten von zunehmend versalzenden Brunnen sowie zerstörten Häusern und Algenfarmen nach Überschwemmungen. Sie wollen, dass Holcim ihnen Schadensersatz sowie Unterstützung bei der Anpassung an die Erderhitzung zahlt und seine CO₂-Emissionen deutlich verringert.
Holcim ist einer der größten Zementproduzenten der Welt und hat laut Berechnungen des Projekts Carbon Majors zwischen 1990 und 2023 3,2 Millionen Tonnen CO₂ ausgestoßen – etwa jedes fünfhundertste CO₂-Molekül, das seit der Industrialisierung durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe und die Zementproduktion in die Atmosphäre gelangt ist.
Gericht: Jeder Beitrag zum Klimaschutz ist unerlässlich
Holcim selbst argumentiert den Gerichtsakten zufolge, Klimaschutz sei eine politische Frage und solle deswegen nicht vor Gericht verhandelt werden. Außerdem sei sein Anteil am Klimawandel marginal und die Insel Pari ohnehin „nicht mehr zu retten“.
Das Kantonsgericht weist diese Einwände zurück: Gerichtsentscheide ersetzten demokratisch legitimierte Klimaschutzpolitik nicht. Jeder Beitrag sei „unerlässlich, um dem Klimawandel entgegenzuwirken“, auch wenn Holcim nicht allein für die Erderhitzung verantwortlich ist. Eine Anfrage der taz ließ Holcim unbeantwortet.
In Deutschland endete ein ähnlicher Prozess im Mai. Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass der Energiekonzern RWE einem peruanischen Bergbauern kein Geld für die Anpassung an den Klimawandel zahlen müsse, aber in anderen Fällen zur Verantwortung gezogen werden könnte. Der Peruaner sah sein Haus durch das Anschwellen eines Gletschersees gefährdet. Der Prozess dauerte acht Jahre – mit einer ähnlichen Länge rechnen Beobachter*innen auch beim Holcim-Prozess.
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