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Deutschlands Wetter 2025Zu trocken und zu nass

Das Wetter des Jahres 2025 war weniger extrem als in den Vorjahren. Trotzdem fordern Versicherer eine neue Police gegen Elementarschäden.

Die anhaltende Trockenperiode in 2025 sorgt bei Landwirten mittlerweile für Besorgnis Foto: Boris Roessler/dpa

Das Fredersdorfer Mühlenfließ entspringt zwischen den Anhöhen des Naturparks Barnim nordwestlich von Berlin, sein Einzugsgebiet ist 230 Quadratkilometer groß. Der kleine Fluss mündet in die Spree, konkret in den Müggelsee. Eigentlich. Im vergangenen Frühjahr aber war das Flüsschen ausgetrocknet.

Für Martin Pusch war das ein dramatisches Alarmsignal. „Einer der besten Indikatoren für den Wasserhaushalt ist die Wasserführung der Fließgewässer“, sagte der Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Wasser in Bächen und Flüssen sei „der Überschuss, der aus der Landschaft herausfließt“. In diesem Frühjahr aber gab es wenig Überschuss, Deutschland litt unter großer Dürre. Mitte April fiel der Pegel des Rheins an der Loreley unter 80 Zentimeter, der Wasserstand des Bodensees in Konstanz 15 Zentimeter unter den langjährigen Mittelwert.

Nach Auswertung der Daten seiner gut 2.000 Wetterstationen bezeichnet der Deutsche Wetterdienst (DWD) diese Frühjahrestrockenheit als „historisch“, zumindest im Osten. Dass 2025 nicht neuerlich als „Dürrejahr“ wie 2018, 2019 und 2021 in die Geschichtsbücher eingehen wird, lag am Juli und September, die der Wetterdienst als „verbreitet zu nass“ einstuft: Das Wetterjahr endet mit voraussichtlich durchschnittlich 655 Litern Niederschlag je Quadratmeter, ein Minus von 17 Prozent im Vergleich zur Referenzperiode 1961 bis 1990.

Regional war der Regen sehr unterschiedlich verteilt: Brandenburg schaffte es lediglich auf 490 Liter, Mecklenburg auf 500. Klimamodelle hatten vorhergesagt, dass der deutsche Nordosten im Zuge des Klimawandels trockener wird, in Berlin wurden sogar nur 480 Liter registriert – überall zweistellig unter dem Soll.

Hitzewellen wie im Juli zunehmend normal

Trockenes Frühjahr, verregneter Sommer – so ließe sich das Wetter 2025 zusammenfassen. Verglichen zur Referenzperiode war das Jahr um 1,9 Grad zu warm. Damit zählen die abgelaufenen 12 Monate zu den zehn wärmsten Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen 1881. Allerdings lag die Temperatur deutlich unter dem, was die Meteorologen noch 2024 gemessen hatten: Da war Deutschland bereits um 2,7 Grad zu warm.

Bemerkenswert war zudem die Hitzewelle Anfang Juli, bei der stellenweise mehr als 39 Grad gemessen wurden: das drittstärkste Hitzeereignis, das der DWD hierzulande bislang registrierte. Bis zum Jahr 2014 war die 35-Grad-Marke nie überschritten worden. In einer Attributionsstudie hatte der DWD den Einfluss des Klimawandels untersucht. Ergebnis: Solche Temperaturen gehören mittlerweile zur Normalität im deutschen Sommer, durch den Klimawandel haben sie eine Wiederkehrzeit von etwa 4 Jahren.

Anders als 2024 blieb Deutschland von größeren Unwetterlagen verschont, es gab beispielsweise keine flächendeckenden Überschwemmungen wie im Vorjahr – als etwa Mitte Mai starke Regenfälle das Saarland sowie Teile von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verwüsteten.

Versicherer: geringe Sachschäden „Glückssache“

Deshalb gibt es 2025 auch „nur“ versicherte Sachschäden in Höhe von 2,6 Milliarden Euro, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ermittelte. Das sind rund 3 Milliarden Euro weniger als 2024: Insgesamt 1,4 Milliarden Euro verursachten Sturm, Hagel und Blitz, Überschwemmung und Starkregen schlugen mit 500 Millionen zu Buche, Schäden durch Stürme und Überschwemmungen in der Kraftfahrzeug-Versicherung beliefen sich auf 700 Millionen Euro.

„Dass es in diesem Jahr weniger Schäden gab, ist Glückssache“, erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Versicherungsverbandes. Wegen des Klimawandels würden auch in Deutschland Extremwetterereignisse zunehmen, ergo die Gefahr steigen, dass es mehr Sachschäden gibt. „Angesichts der zunehmenden Risiken ist es dringend notwendig, eine ganzheitliche Gefahrenabwehr auszubauen“, forderte Asmussen von der Politik.

Dafür hatte der Verband ein Modell namens Elementar Re vorgestellt, mit dem zukünftig alle Schäden versicherbar und bezahlbar bleiben sollen – beispielsweise auch die gut 400.000 Wohngebäude, die hierzulande in Hochrisikogebieten liegen. Im Schadensfall soll dieser nach Elementar Re mit zwei privatwirtschaftlichen Stufen abgesichert werden: einer eigenen Rückversicherung und einem schrittweise aufzubauenden Sicherungsfonds.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD verabredet, „eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden“ einzuführen. Nach Verbandsangaben sind derzeit nur 57 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland gegen Elementarschäden versichert. Verbandschef Asmussen: „Die Klimaschäden haben sich in Deutschland seit 1980 verfünffacht.“

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