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Merz' NeujahrsanspracheDieser Sozialstaat und die arme Wirtschaft

Die bisherigen Beschlüsse zum Umbau des Sozialstaats reichen Bundeskanzler Friedrich Merz noch nicht: Er will weitere „grundlegende Reformen“.

Aufzeichnung der Neujahrsansprache: „Wir werben dafür, dass sich die Europäische Union wieder auf ihre Kernaufgaben besinnt.“ Foto: Kay Nietfeld/dpa-Pool/dpa

rtr | Bundeskanzler ‌Friedrich Merz hat für 2026 ⁠einen Umbau des Sozialstaats angekündigt. Mit der Abschaffung des Bürgergeldes, der Einführung einer neuen Grundsicherung sowie den Beschlüssen zur Rente sei es nicht getan, sagte der CDU-Vorsitzende in seiner vorab veröffentlichten Neujahrsansprache. „Wir werden im nächsten Jahr grundlegende Reformen beschließen müssen, damit unsere Sozialsysteme auf Dauer finanzierbar bleiben.“ Die Herausforderungen seien offensichtlich: Die Gesellschaft werde älter, geburtenstarke Jahrgänge gingen jetzt in Rente. Ziel müsse sein, die Anliegen aller Generationen fair in Einklang zu bringen.

„Unsere Wirtschaft steht unter dem Druck notwendiger Reformen, hoher Kosten und weltweiter Handelskonflikte“, betonte Merz. ⁠Zudem revolutionierten ‍neue Technologien die Arbeitswelt und das Zusammenleben. Aus diesem Befund leite die von ihm geführte Bundesregierung ihren grundsätzlichen Arbeitsauftrag ab: „die ⁠Erneuerung der Fundamente unserer Freiheit, unserer Sicherheit und unseres Wohlstandes für die nächsten Jahre und vielleicht Jahrzehnte.“

Der Unionspolitiker verwies zudem auf eine Rückkehr zum Protektionismus in der Weltwirtschaft. „Unsere strategische Abhängigkeit von Rohstoffen wird zunehmend als politischer Hebel gegen unsere Interessen eingesetzt“, sagte er. Diese geopolitischen Umbrüche spüre Deutschland als Exportnation in besonderer Weise. In dieser Lage seien Kreativität und Schaffenskraft der Wirtschaft gefragt. „Aber hausgemachter Reformstau lähmt das Potenzial, das unsere Unternehmen haben“, sagte Merz. „Es wird für sie immer schwieriger, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.“

Damit die Wirtschaft wieder Tritt fasse, seien Unternehmen entlastet worden: steuerlich, bei den Energiepreisen und bei der Bürokratie. Mit einer neuen Innovations- ⁠und Technologiepolitik solle Deutschland wieder an der Spitze der technologischen Entwicklung stehen. Nicht wenige würden sagen, dass bislang noch zu wenig getan worden sei. „Sie haben recht! Das reicht nicht – aber die Bundesregierung hat mit ihrer Arbeit begonnen“, sagte Merz. „Und ich bin sicher: Deutschland wird ⁠den Ertrag der Reformen ernten, auch wenn das eine gewisse Zeit benötigt.“ 2026 könne ein Moment des Aufbruchs werden. Merz forderte dazu auf, nicht auf Angstmacher und Schwarzmaler zu hören. „Vertrauen wir stattdessen auf uns und unsere ‍demokratischen Prozesse“, betonte er. ⁠Diese seien zwar manchmal zäh. Aber nur so komme man zu ‌Ergebnissen, die von einer breiten Mehrheit getragen werden.

Politikwechsel auf EU-Ebene eingeleitet

Nach den Worten von Merz hat die Bundesregierung auf europäischer Ebene einen Politikwechsel eingeleitet. „Wir werben dafür, dass sich die Europäische Union wieder auf ihre Kernaufgaben besinnt: Freiheit, Sicherheit und Wohlstand“, sagte der Kanzler. „Wir bauen die Bürokratie konsequent zurück ‌und setzen die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit ganz oben auf die politische Prioritätenliste.“

Merz verteidigte zugleich die Entscheidungen zur Reduzierung irregulärer Migration. „Wir entscheiden wieder selbst darüber, wer in unser Land kommt und wer unser Land wieder verlassen muss“, sagte er. „Wir haben neue Anreize für legale ⁠und geordnete Migration geschaffen und zugleich Routen für illegale und ⁠ungeordnete Migration geschlossen.“ Humanität und Ordnung seien zwei Seiten einer Medaille.

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