Milde Strafe für falschen Grafen

PROZESS Stephan Frey trat bei Ebay als Graf zu Natterfeld-Zmiewski auf und verkaufte Adelstitel.

Der gelernte Krankenpfleger Stephan Frey, der in Kiel lebt, wollte politisch schon mehrfach hoch hinaus: Er kandidierte 2002 für den Bundesvorsitz der Grünen und trat 2007 als Gegenkandidat von Ralf Stegner um den Vorsitz der SPD-Landespartei an – beide Male chancenlos. Zurzeit engagiert Frey sich bei der Linkspartei.  est

VON ESTHER GEISSLINGER

Der Angeklagte erschien in Jeans und Sweatshirt, die Verhandlung vor dem Kieler Amtsgericht dauerte kaum eine Stunde – es war das wenig spektakuläre Ende der prunkvollen Geschichte derer zu Natterfeld-Zmiewski. Diesen adeligen Titel dürfe er tragen, behauptete Stephan Frey, vor allem aber könne er gegen Gebühr auch Bürgerlichen Zutritt in die Familie verschaffen, Titel, Einladung zu Familienfesten und Logis im Stammschloss inklusive. „Sie erhalten Zugang zu einer echten Adelsfamilie, Sie werden wirklich geadelt“, zitierte die Staatsanwältin in der Anklageschrift die Werbung des selbst ernannten Blaublut-Abkömmlings. Zwölf Gutgläubige ersteigerten im Herbst 2007 das Grafen-Paket bei Ebay, gezahlt wurden Summen zwischen 37 und 352 Euro.

Bei der Verhandlung am Montag in Kiel baute Richter Aljoscha Gonschior dem reumütigem Ex-Grafen eine goldene Brücke, unter anderem, weil er ein „Mitverschulden“ der Betrogenen sah: „Es sollte jedem klar sein, dass Adelstitel für 37 Euro einem rechtlichen Zweifel unterliegen.“ Ein Betrug sei die Tat, denn einen Adelstitel gibt es nur bei Adoption, und eine Familie Natterfeld-Zmiewski taucht im Adelsregister nicht auf. Es sei aber angesichts der niedrigen Summen und des kurzen Zeitraums der Versteigerungen nicht zu vermuten, dass Frey „gewerbsmäßig“ vom Titelverkauf habe leben wollen. So könne die Strafe mäßig ausfallen, wenn der Angeklagte geständig sei, bot der Richter zu Beginn der Verhandlung an. Der 40-Jährige räumte die Taten ein und erklärte, er wolle das Geld zurückzahlen. Das Gericht sprach, ohne Zeugen zu vernehmen, eine Verwarnung aus.

In seinem Schlusswort erklärte Frey, er habe das Spiel begonnen, um Geld für zwei renovierungsbedürftige Schlösser zu sammeln – die ihm aber nicht gehören. In einem davon, Schloss Köchstedt in Teutschenthal bei Halle, wollte Frey eine Moschee errichten, so hieß es zumindest in einer Pressemitteilung, die im Januar 2008 zu einem Reporteransturm auf das Örtchen führten. Bei dem Besitzer des bröckelnden Baus, einem Anwalt, hatte Frey sich laut Medienberichten als Denkmalfachmann vorgestellt. Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, ist das Schloss inzwischen an einen Privatinvestor verkauft.

Das aus dem Titel-Verkauf erhaltene Geld, insgesamt knapp 1.500 Euro, will Frey an die Geschädigten zurückzahlen – in kleinen monatlichen Raten. „Wobei Sie damit schon vor der Verhandlung hätten anfangen können“, mahnte der Richter. Sei aber jemand mit der „Adelsurkunde“ glücklich, „müssen Sie ihm das Geld nicht aufdrängen“.