Rechte Rocker ohne Bremer Bühne

Verfassungsschutz: Grenze von schwarzer Szene zu braunem Spektrum nicht beobachtet

Bremen taz ■ Das Event am „exquisiten Ort“ in „geschichtsträchtigem Ambiente“ fällt aus. Im Himmelssaal des Hauses Atlantis in der Böttcherstraße wollte der Bremer Versandhändler Axel Meese heute ein Dark-Wave-Konzert (DW) veranstalten. Doch der Eigentümer des Hauses, das „Hotel Hilton“, trat kurzfristig vom Mietvertrag zurück. Am Donnerstagabend erklärte die Direktion, wegen des „politischen Hintergrunds des Konzertes“ den Vertrag zu kündigen. Denn vor allem der Top-Act „Allerseelen“ um Gerhard Petak gehört zur rechten DW-Szene.

Mit solchen Konzerten, so Meese auf seiner Versandwebsite „Neue Ästhetik“, wolle er „einem geneigten Publikum hochwertige Werke in Ton, Schrift und Bild zugänglich machen“. Neu ist meist nur die Form, nicht der Inhalt der Werke, die insbesondere von Größen des italienischen Faschismus und der Konservativen Revolution inspiriert sind. Neben Independent-CDs finden sich im Programm rechte DW-Produkte. Kein Widerspruch für den nebenberuflichen Versandhändler, denn „Kunst hat sich über die ideologischen und moralischen Grenzen zu erheben“. An die „Freiheit der Kunst“ appellieren rechte DW-Orientierte gerne, wenn sie wegen politischen Implikationen kritisiert werden. Kunst oder Kultur verstehen sie, wie Meese, allerdings selbst nicht wertfrei. Mit Bezug auf Julius Evola, den Umberto Eco als „faschistischen Guru“ betitelt, erklärt er auf seiner Website seine „Philosophie“: Die „durch die Wirtschaft (?) geschaffene Kultur“, zitiert er aus Evolas antimodernem Klassiker „Revolte gegen die Moderne“, habe „allen gesunden Ländern (?) und allen Völkern die Unruhe, die Unzufriedenheit“ gebracht. Evolas Befriedungskonzept jedoch verschweigt Meese.

Zur Überwindung der „humanistischen Soße“ empfahl der „Guru“ 1928: „Wir machen Schluss mit jeder Schwäche, mit jeder Nachsicht gegenüber allem, was von der semitisch-christlichen Wurzel herkomm(t) – Anti-Europa, Anti-Semitismus, Anti-Christianismus, das ist unsere Losung.“

Der Grenzbereich zwischen schwarzer Szene und braunem Spektrum ist dem Verfassungsschutz nicht unbekannt. Aber, betont ein Sprecher: „Das Spektrum ist kein Beobachtungsobjekt.“ Vereinzelte personelle Überschneidungen seien aufgefallen. Zur Person des Bremer Konzertveranstalters Axel Meese lägen aber keine besonderen Erkenntnisse vor. Fest steht, dass er in einem unauffälligen, gepflegten Wohnhaus in der östlichen Vorstadt wohnt, dort wo sich eigentlich mehr die linke Szene heimisch fühlt. „Ich kenne ihn kaum, er lebt sehr zurück gezogen“, sagt ein Nachbar über den Musikverleger.

Alleine die Links auf der Versandwebsite deuten Meeses Vernetzung in die harte rechte DW-Szene an: So kann man gleich auf die Seite von „Lichttaufe“ gelangen, die regelmäßig DW-Konzerte mit rechten Stars wie Death in June bewerben. Bei „Lichttaufe“ veröffentlicht Meese aber auch selbst Konzertbesprechungen. Ebenso kann man sich zu „Zinnober“ klicken. Auf der Webpräsenz des DW-Magazins findet sich ein Interview mit dem rechten Theoretiker Alain de Benoist aus Frankreich.

Seit Mitte der 1990er Jahre kritisieren diese Tendenzen im DW Fans, wie die Bremer „Gruftis gegen rechts“. Sie wollen die Verbreitung „rechtsextremen Gedankenguts“ in der Schwarzen Szene verhindern, um sich nicht „die Toleranz und Offenheit der Szene kaputt“ machen zu lassen.

Andreas Speit