Fake-Twitter-Account des Atomforums: "Panikmacher ins Abklingbecken"

Bisher verhielt sich das Deutsche Atomforum in der öffentlichen Atomdebatte recht ruhig. Auf einmal verbreitet es über Twitter allerlei schräge Ansichten - scheinbar.

Erfreut sich großer Beliebtheit und Aufmerksamkeit: Der gefakte Twitter-Account "Atomforum_eV". Bild: screenshot: http://twitter.com/Atomforum_eV

BERLIN taz | Ein satirischer Twitter-Account sorgt in den letzten Tagen für Verstimmungen in der Atomlobby. Mit dem Benutzernamen "Atomforum_eV" wird suggeriert, der Account gehöre dem größten Lobbyverband der deutschen Atomwirtschaft, mit den veröffentlichten Kurznachrichten wird eben dieser persifliert.

So finden sich dort Beschwichtigungen wie "Diese Wolke ist doch im Nu vom Winde verweht" oder "Ein Atom ist übrigens nur ein Millionstel Millimeter groß. Wer davor Angst hat, hat sie ja nicht mehr alle." Auch der Situation in Deutschland wird Rechnung getragen: "Gorleben ist sicher! Das Wellblechdach des Zwischenlagers ist aus purem Metall." Außerdem gebe es auch beim Brötchenholen ein Restrisiko.

"Wie will man mit Wind und Sonne nachts bei Windstille fernsehen? Kernenergie sofort!", wird skandiert - ganz besonders schlimm sei die Sonnenenergie, denn "die Strahlung ist überall!" Allen, die sich von den Argumenten der vermeintlichen Atomlobby nicht überzeugen lassen wollen, schlägt nicht viel Verständnis entgegen. So wird eine angebliche Äußerung Ralf Güldners wiedergeben, dem Präsidenten des wahrhaftigen Atomforums: "Panikmacher gehören ins Abklingbecken. Mindestens."

Der erste Tweet von dem Account aus wurde erst vor etwa zwei Tagen abgesetzt, seitdem folgten mehr als 100 weitere. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind etwa 3000 Nutzer als "Follower" zu verzeichnen. Das ist die fast vierfache Anzahl der Follower des Twitter-Accounts des echten Atomforums, das über diesen Weg ebenfalls kommuniziert - und vor dem Fake warnte.

Beide Accounts sehen auf den ersten Blick so gut wie gleich aus, sogar das offizielle Logo des Atomforums wurde noch bis zum Mittwochnachmittag von dem Fake-Account verwendet - worin ein Verstoß des Markenrechts hätte liegen können. Dieter Marx, der Geschäftsführer des Lobbyverbands, kündigte über den Branchendienst Meedia.de rechtliche Schritte an.

Klare Satire

Mittlerweile jedoch ist in dem Ring des Atomforum-Logos das Warnzeichen für Radioaktivität zu sehen, außerdem wird in der Account-Beschreibung vor "radioaktiver Satire" gewarnt. Rechtliche Schritte werden daher offenbar nicht mehr in Betracht gezogen: "Wir hatten ein Problem damit, dass uns jemand imitiert und man denken könnte, er würde im Namen des Deutschen Atomforums posten", so Dieter Marx auf süddeutsche.de.

Zu der Kenntlichmachung als Satire habe ihnen nach Lektüre der Twitter-AGB ihr "Legal Staff" geraten, um das "Restrisiko einer Zensur" zu minimieren, sagen die nach eigenen Angaben der "hedonistischen Nukleare" angehörenden Betreiber gegenüber taz.de - und bleiben damit ihrem satirischen Ton treu. Klagen befürchte man jedoch nicht, da man wisse, "dass die Anwälte des Atomforums gerade mit der Klage gegen das Moratorium beschäftigt sind."

Nach der Motivation für ihre Aktion befragt, geht es allerdings auch ernsthafter. Durch den satirischen Umgang mit seiner verharmlosenden Rhetorik wolle man das Atomforum daran hindern, das Thema seiner Ernsthaftigkeit zu berauben: "Wir wollen auf den Zynismus und die Verantwortungslosigkeit der deutschen Atomlobby aufmerksam machen."

Während das bisher erstaunlich gut funktioniert, wie an den stündlich steigenden Follower-Zahlen abzulesen ist, kann das Atomforum die Angelegenheit offenbar gar nicht schnell genug vom Tisch haben: Geschäftsführer Dieter Marx wollte sich gegenüber taz.de nicht äußern, da das Thema für ihn "durch ist" und er bereits "genug gesagt hat", wie eine Sprecherin mitteilte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.