Goldbarren und Gitarren

Zum Würfeln: In der Heeresbäckerei verbindet die En/Of-Edition zeitgenössische Komposition mit bildender Kunst

Liam Gillick, Angela Bulloch oder Thomas Demand sind bekannte KünstlerInnen, deren Namen stets in den Nachschlagewerken für zeitgenössische Kunst auftauchen. Im Projektraum der Heeresbäckerei hängen ihre Werke nun allerdings unspektakulär mit Einzelwerken und Bildergruppen 12 weiterer KünstlerInnen in quadratischen Naturholzrähmchen und können oder wollen ihren Ikea-Charme nicht abstreifen.

Ansonsten wird der Ausstellungsraum noch von drei Ansammlungen von Würfeln geschmückt, die dann doch zu roh wirken, als dass man sie der Möbellinie eines Kaufhaus zuordnen könnte. Auf den Würfelregalen steht jeweils ein Plattenspieler. Hier kann man sich in aller Ruhe der Musik widmen, die Robert Meijer, der Kurator der En/Of-Edition, den Kunstwerken zugeordnet hat. Fünfzehn unterschiedliche LPs mit jeweils zwei bis drei experimentellen Kompositionen elektronischer Musik stehen an den Abspielstationen zur Auswahl. Die Plattenhüllen sind schwarz, das Vinyl sowieso. Nur die kleine weiße Schrift auf dem Label verweist über die Numerierung auf die Zugehörigkeit zu den Kunstobjekten.

Immerhin kann man sich mit Hilfe der Einladungskarte einen Plan zusammenknobeln. Danach gehören Liam Gillicks bunte Papierfetzen zu den Sounds des elektroakustischen Duos Ehlers/Suchy. Das feingliedrige Geknister Ekkehard Ehlers’ und die grazilen Akustikgitarrenriffs Joseph Suchys lassen das Papier in Gedanken tanzen. Die Musik greift die Leichtigkeit auf, die bei aller Abstraktion im Raum schwebt. Das Überraschende an diesem Zusammenspiel: Beim Entstehungsprozess wussten weder Musiker noch Künstler, was jeweils die andere Seite im Sinn hatte.

Ob das Publikum im weiteren Verlauf das brachiale, von Computern generierte Gitarrengetöse Pan Americans mit den machtvollen Goldbarren Thomas Demands in Einklang bringt oder sich am Ende doch für die poppigen Digitalklänge Jan Jelineks als Pendant zum glitzernden Edelmetall entscheidet – die Synchronisation von Bild und Ton ensteht erst in der Betrachtung des Ganzen. Zumindest in der Ausstellung, wo alle Werke auf einmal zugänglich sind und der räumliche Abstand zwischen den Bildern an den Wänden im Verhältnis zum Ton inmitten des Raums gewahrt wird.

Die En/Of-Edition ist erstmals im Februar 2001 erschienen. Sie war vorher in Köln, Amsterdam und Chicago zu sehen und ist eigentlich zum Verkauf als eine Reihe von „Doppelalben“ konzipiert. Links in der Hülle die visuellen, rechts die musikalischen Arbeiten. Der Werkpreis von 99 Euro ist für PlattensammlerInnen ungewohnt hoch, für den Kunstbetrieb aber durchaus üblich. Die ersten vier Ausgaben bei einer Auflage von hundert Exemplaren sind jedenfalls bereits komplett vergriffen. Aber die Reihe wächst ja weiter.

Dabei ist die Idee hinter der Kombination aus Kunst und Musik nicht unbedingt neu – schon Mitte der Neunziger suchte sich die New Yorker Noise-Pop-Band Sonic Youth Bilder von Malern wie Gerhard Richter für die Covergestaltung. Dash, also Sonic Youth’ Bassistin Kim Gordon und Gitarrist Thurston Moor, bestreiten nun auch die aktuelle Ausgabe der En/Of-Edition. Visuell ergänzt der Video- und Architektur-Künstler Dan Graham mit zwei Fotografien aus der gemeinsamen WG-Zeit mit dem Musikerpaar diese 15. Edition und verschiebt so die Popstar-Tümelei in eine ganz private Athmosphäre.

MEIKE JANSEN

Morgen, ab 21 Uhr, Live-Performance von Stephan Mathieu, Jan Jelinek und Wander; Samstag, 2. August, ab 18 Uhr, Performance von Christina Kubisch und Boris Hegenbart, Heeresbäckerei, Guest Room, Köpenicker Str. 16, Kreuzberg