Winfried Hermann über "S 21": "Deshalb mache ich auch weiter"

Wenn die Volksabstimmung pro Neubau ausgehe, trete er zurück, sagte einst der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann. Heute hält er die Aussage für einen unglücklichen Einstand.

S21-Gegner warten noch hoffnungsvoll auf das Ergebnis der Volksabstimmung. Bild: dapd

taz: Herr Herrmann, von verschiedenen Seiten wird jetzt Ihr Rücktritt gefordert, den Sie bislang ablehnen. Kann Ihnen der Job denn überhaupt noch Spaß machen, wenn Sie nun den Tiefbahnhof bauen müssen?

Winfried Herrmann: Auch die letzten Wochen und Monate waren nicht einfach, weil einige Leute einfach nicht akzeptieren können, dass ein Grüner Verkehrsminister ist und ein anderes Konzept von Mobilität hat. Ich sehe es aber nach wie vor als meine Mission an, dass wir eine nachhaltige Verkehrspolitik umsetzen. Das wird jetzt mit Stuttgart 21 nicht einfacher, aber auch das werden wir hinkriegen.

Zum Amtsantritt haben Sie in der taz angekündigt, die Verantwortung für das Bahnprojekt abzugeben, wenn die Volksabstimmung pro Neubau ausgeht. Stehen Sie jetzt zur Ihrem Wort?

Dieses taz-Interview war ein unglücklicher Einstand. Danach haben mir viele gesagt: Du musst das machen und du bist der Richtige dafür. Das nehme ich als Auftrag und deshalb mache ich auch weiter. Im Übrigen bin nicht ich, sondern die Deutsche Bahn ist Bauherr und das Land ist Partner.

Angesichts der vielen Umfragen, die für Stuttgart 21 gesprochen haben, mussten die Grünen doch davon ausgehen, die Abstimmung zu verlieren. Selbst eine einfache Mehrheit wäre am Quorum gescheitert. Und das Quorum hätten Sie nur mit den Stimmen der CDU senken können. Warum haben die Grünen vor der Wahl trotzdem immer so getan, als ob der Ausstieg auf diesem Weg klappen könnte?

Winfried Hermann, geboren 1952, ist Pädagoge und seit 1982 Mitglied der Grünen, für die er seit 1998 im Bundestag saß. Hermann war Vorsitzender des Bundestagsausschusses Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Im grün-roten Kabinett von Winfried Kretschmann ist er Verkehrsminister.

Wir haben gesagt, dass wir alles tun wollen, um der Bevölkerung die Möglichkeit zur Abstimmung zu geben. Und auch wenn das jetzt alle kleinreden, die Volksabstimmung war ein erfolgreiches Projekt mit einer hohen Beteiligung. Uns war dabei aber immer bewusst, dass das Votum auch anders ausgehen kann, als man sich das wünscht. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir dieses klare Votum auch akzeptieren.

Aber angesichts der Umfragen konnte nicht nur, sondern musste dieses Votum fast so ausgehen. Warum gaben Sie sich trotzdem so optimistisch?

Ich habe auf vielen Veranstaltungen viel Zustimmung erlebt. Dabei hatte ich durchaus den Eindruck, dass wir die Volksabstimmung gewinnen können und vielleicht sogar das Quorum erreichen können. Zugegeben, das war im Rückblick etwas zu optimistisch.

Fassen wir mal zusammen: Die Hamburger Schulreform ist am Votum des Volkes gescheitert. Nun der Ausstieg aus einem Verkehrsprojekt. In dem Moment, in dem die Grünen ihre Ideen zur Abstimmung stellen, scheitern sie. Welche Aussicht haben die Grünen angesichts dieser Tatsache im Bund?

Erstens sind wir nicht durchgängig gescheitert. Eine Lehre muss aber sein, dass wir solche Entscheidungen länger vorbereiten und es im Vorfeld mehr Bürgerbeteiligung gibt. Wir werden auch auf Bundesebene dafür sorgen, dass es zukünftig mehr Beteiligung gibt. Es gab immer auch Skeptiker der direkten Demokratie, die sagen, dass eine Volksabstimmung immer konservativ ausgehen würde. Das war für mich nie ein Argument. Die Herausforderung ist eben, dass man auch die Mehrheit gewinnen muss.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.