Linke-Jugendverband kriegt kein Staatsgeld: Solid gegen alle, alle gegen Solid

Der Linke-Jugendverband erhält zu Recht keine staatlichen Zuschüsse. Auch für Jusos und Co geht es um Millionen. Derzeit ist die gesamte Finanzierung rechtswidrig.

Hält das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg für falsch: Juso-Chef Sascha Vogt. Bild: dpa

BERLIN/FREIBURG taz | Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hat einen Prozess gewonnen, ist mit dem Ergebnis aber gar nicht zufrieden. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat am Mittwoch entschieden, dass Solid, der Jugendverband der Linkspartei, zu Recht keine Staatszuschüsse erhielt.

In der Begründung hat das Gericht allerdings klargestellt, dass derzeit die gesamte Finanzierung der parteinahen Jugendverbände rechtswidrig ist. Also hätten auch Jusos, Junge Union, Grüne Jugend und Junge Liberale kein Geld bekommen dürfen. Schröders Ministerium zeigte sich vom OVG-Urteil „überrascht“, man habe die Zuschüsse schließlich mehr als sechzig Jahre lang ohne gesetzliche Regeln verteilt. Die Ministerin wollte Solid das Geld verweigern, weil der Jugendverband vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Ob das ein Versagungsgrund ist, ließ das OVG nun ausdrücklich offen. Sein Urteil stützt sich auf die sogenannte „Wesentlichkeitstheorie“. Danach sind alle wesentlichen Fragen im Staat per Gesetz zu regeln. Die Zuschüsse für die Jugendverbände seien wesentlich, weil die „Neutralität des Staates“ betroffen ist, wenn bestimmte Verbände kein Geld bekommen sollen.

1,2 Millionen vom Bundesfamilienministerium

Außerdem gehe es um erhebliche Summen. Rund 1,2 Millionen Euro zahlte das Bundesfamilienministerium im letzten Jahr an die Verbände: Je 472.023 Euro an Jusos und Junge Union, 164.470 Euro an Junge Liberale und Grüne Jugend. Etwa ein Drittel des Gesamtetats machen die Staatszuschüsse bei der Grünen Jugend aus, gar 40 Prozent bei der Jungen Union.

Die Jugendorganisationen der anderen Parteien reagierten am Donnerstag verstimmt auf das Urteil des OVG. Ansgar Focke, Bundesschatzmeister der Jungen Union findet, Solid habe klare verfassungsfeindliche und extremistische Tendenzen und hätte schon deshalb keine Zuschüsse bekommen dürfen. Der sozialistische Jugendverband müsse sich die Frage stellen: „Will ich von einem System Fördermittel bekommen, das ich bekämpfe?“.

Eine verfassungsfeindliche Organisation ist Solid nach Meinung der Jusos zwar nicht. Der Vorstandsvorsitzende der Jusos, Sascha Vogt, hält das OVG-Urteil aber auch für falsch. Eine regelmäßige Prüfung durch das Ministerium und den Bundesrechnungshof gewährleiste, dass die Gelder ausschließlich für die politische Bildung ausgegeben würden. Vogt nahm dabei auf Diskussionen während der Verhandlung Bezug, als das Gericht fragte, ob hier eine „verkappte Parteienfinanzierung“ vorliege.

Bei der Grünen Jugend (GJ) ist man genau wie bei den Jusos der Meinung, dass auch Solid die Fördermittel zustünden. Auf Kritik hingegen stößt der Plan der Linksjugend, die Zuschüsse der Jugendorganisationen mittels Eilantrag zu stoppen. „Wir haben überrascht zur Kenntnis genommen, dass Solid gewillt ist, die politische Jugendarbeit lahmzulegen“, sagte GJ-Vorstandsmitglied Jens Parker.

Grundsatzurteil in einem Jahr

Die Ministerin würde gerne Revision gegen das Urteil einlegen. Das kann sie aber nicht, denn sie hat den Prozess ja gewonnen. Aber Solid wird den Prozess zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig tragen, das in rund einem Jahr ein Grundsatzurteil fällen wird.

Bis dahin will Solid aber noch etwas Wirbel machen. Sobald in rund drei Wochen das OVG-Urteil vorliegt, will der Verband einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin stellen. Schröders Ministerium soll dann verpflichtet werden, ab sofort keine Gelder mehr an Junge Union und Co auszuzahlen. Begründung: Solange es kein Gesetz gibt, seien solche Zuschüsse rechtswidrig. Das könnte spannend werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.