Ku-Klux-Klan in Baden-Württemberg: Rechte Beamte bleiben unbehelligt

Ein U-Ausschuss weist der Polizei Schlamperei nach. Es geht um Disziplinarverfahren gegen KKK-Mitglieder in den eigenen Reihen.

Mitglieder des Untersuchungsausschuss hören zu

Zeugenbefragung im NSU-Untersuchungsausschuss am 6. Juli Foto: Foto: dpa

STUTTGART taz | Warum hat es Jahre gedauert, bis die Polizei entschieden hat, was mit zwei Beamten geschieht, die Mitglied des Ku-Klux-Klan waren? Der Untersuchungsausschuss des Baden-Württembergischen Landtags offenbart ein strukturelles Versagen der Behörden beim Bekämpfen rechtsextremer Tendenzen.

Im Herbst 2001 hatte der Polizeibeamte Jörg W. seinen Kollegen Timo H. mit zu einem KKK-Treffen nach Schwäbisch Hall genommen. Wenig später trat der, wie vorher W., der rassistischen Vereinigung bei. Dafür musste er geloben, keine jüdischen Vorfahren zu haben und die Rasse reinzuhalten. Diese Erklärung besiegelte er in einer Zeremonie mit Kapuzen und viel Kreuzsymbolik mit Blut aus seinem Daumen. Er sei dem älteren Kollegen damals einfach so „hinterhergedackelt“, sagte Timo H. vor dem Ausschuss.

Ein halbes Jahr später verließen Timo H. und Jörg W. den Klan wieder, der wohl aus kaum mehr als acht Leuten bestand. Die Mitgliedschaft der beiden Beamten wurde den Behörden durch eine Abhöraktion des Landesamts für Verfassungsschutz bekannt. Folgen hatte das erst einmal nicht. Im Ausschuss wiesen die Parlamentarier nun nach, dass das Verfahren von den Polizeibehörden zunächst drei Jahre verzögert wurde. Das Ermittlungsverfahren war erst im März 2005 abgeschlossen, von da an habe es noch einmal ein halbes Jahr lang gedauert, bis eine Verfügung ausgesprochen wurde.

Ein Verweis mit möglichen Gehaltskürzungen oder gar eine Entfernung aus dem Polizeidienst waren damit wegen Verjährung nicht mehr möglich. Gegen die beiden Beamten konnte nur noch eine Rüge ausgesprochen werden.

Beamte sind immer noch im Dienst

Jörg W., gegen den zuvor schon ein Strafverfahren wegen rassistischer Äußerungen eröffnet worden war, und Timo H. sind bis heute im Polizeidienst. H. war am Tag der Ermordung der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter, mutmaßlich durch den NSU, deren Einsatzleiter.

Parlamentarier aller Fraktionen zeigten sich von dem schlampigen Disziplinarverfahren empört. Der Abgeordnete der Grünen, Jürgen Filius, sagte: „Die Fehler des Verfahrens liegen offen, das darf nicht mehr passieren.“

Vor allem die Aussage des damaligen Polizeipräsidenten und heutigen Stuttgarter Bürgermeisters Martin Schairer (CDU) war voller Erinnerungslücken. An den Fall von Jörg W. konnte sich Schairer erinnern. Doch warum das Verfahren zu einem solchen Ende kam, wusste er nicht. Eine eigene Verantwortung für das verzögerte Verfahren schloss der Bürgermeister aus.

Der ehemalige Vorgesetzte von Timo H. sagte, er sei vom damaligen Chef der Bereitschaftspolizei angewiesen worden, bei der Mitgliedschaft der Beamten im Ku-Klux-Klan „nicht in die Breite“ zu ermitteln, um die Arbeit des Verfassungsschutzes nicht zu gefährden. Schairer kann sich an diese Anweisung nicht erinnern.

Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock kommentierte das Vorgehen der Behörden: Die „leichtsinnige Beurteilung“ von Polizeibeamten mit rechter Gesinnung ziehe sich in Baden-Württemberg durch. Noch vor wenigen Wochen war ein Beamter der Polizeidirektion Göppingen mit einer Geldbuße davongekommen, der Texte der Nazirock-Band Landser per SMS verschickt hatte.

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