Pläne der Luftfahrtbranche: Lobby will raus aus Emissionshandel

Die Luftfahrt-Lobby hat Alternativ-Pläne zum europäischen Emissionshandel vorgestellt. Die Idee: Kompensation statt Zertifikate.

Flugzeug im Sonnenuntergang

Schöne Bilder, schmutzige Emissionen: Flugzeug über dem Flughafen Frankfurt Foto: dpa

BERLIN taz | Die Luftfahrt-Lobby arbeitet mit Nachdruck daran, den Flugverkehr wieder aus dem europäischen Emissionshandel herauszulösen. Deswegen konkretisierte die internationale Luftfahrtorganisation Icao auf ihrer jüngsten Sitzung in Montreal ein Alternativmodell.

Der Vorstoß zeigt, dass die Branche immer noch keinen Frieden damit gemacht hat, dass sie seit Anfang 2012 in den Emissionshandel einbezogen ist. Seither müssen die Flug­gesellschaften für innereuropäische Flüge für jede Tonne an ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2) entsprechende Zertifikate vorweisen – was für Kraftwerke und die Industrie in der EU schon seit 2005 gilt. Stoßen die Airlines mehr als eine Freimenge aus, müssen sie die Papiere zukaufen. Durch diesen marktwirtschaftlichen Ansatz sollen die Unternehmen motiviert werden, möglichst treibstoffsparende Flugzeuge einzusetzen.

Weil eine entsprechende globale Lösung für den Klimaschutz stets scheiterte, sind nur Flüge innerhalb der EU umfasst. Damit sind gerade ein Viertel der Emissionen des Flugverkehrs betroffen. Mit dem Ziel, selbst dieses bescheidene europäische System wieder abzuschießen, propagiert die Luftfahrt-Lobby nun ein eigenes Konzept. Unter dem Namen Corsia (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) sollen die Fluggesellschaften sich stattdessen durch Kompensationsmaßnahmen freikaufen können, die außerhalb des Luftverkehrs stattfinden.

Nun könnte dies – entsprechend scharfe Kriterien vorausgesetzt – durchaus eine wirkungsvolle Option sein. Allerdings sollen nur für jenen Anteil der jährlichen Emissionen Auflagen greifen, die ab 2020 zusätzlich entstehen; ein Sockel entsprechend den Emissionen von 2020 soll auch künftig frei bleiben. Als klimaschonender Kraftstoff soll zudem alles gelten, was in seinem Lebenszyklus irgendwie mit erneuerbaren Energien in Kontakt kam – so zum Beispiel handelsübliches Kerosin, das in Raffinerien unter Einsatz erneuerbarer Energien hergestellt wurde.

„Eigene Wege“

Entsprechend begrüßt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) die jüngsten Vorstöße der Icao. „Mit der beschlossenen Ausgestaltung ist ein neuer Meilenstein erreicht“, sagt BDL-Präsident Klaus-Dieter Scheurle. Und dann weist er darauf hin, was die Motivation für das neue Konzept ist: Damit Corsia „nicht zur Doppelbelastung für die Fluggesellschaften wird“, müsse das System „die europäische Insellösung“, nämlich den Emissionshandel, „ab 2021 ablösen“.

Die Grünen im Bundestag sehen den Vorstoß der Luftfahrt-Lobby „äußerst kritisch“. Es drohe eine Aufweichung, die „das ohnehin schwache Programm an die Grenze der Wirkungslosigkeit“ treibe, sagt Daniela Wagner, die für die Grünen im Verkehrsausschuss des Bundestags sitzt. Ihre Kollegin Tabea Rößner, zuständig unter anderem für Europarecht, ergänzt mit der Forderung, Deutschland und Europa müssten im Falle der von der Branche angestrebten Aufweichung „eigene Wege gehen und ein klares Signal setzen, um beim Klimaschutz im Luftverkehr endlich voranzukommen“.

Als klimaschonend gilt alles, was mit erneuerbaren Energien in Kontakt kam

Schließlich bestehe dringender Handlungsbedarf: Laut einer Studie für das EU-Parlament wird der Anteil des Luftverkehrs am CO2-Ausstoß im Jahr 2050 weltweit 22 Prozent betragen – sofern nicht massiv gegengesteuert wird.

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