Mehrheit für rechts außen

USA Newt Gingrich liegt bei den Vorwahlen der Republikaner klar vorn. Sein Rezept: Ressentiments gegen Schwarze schüren, Obama als Präsident der Sozialhilfe darstellen

Gingrich kündigt an, „fanatisch antireligiöse Richter zu eliminieren“

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

„USA – USA – USA“, skandieren die Fans, während Newt Gingrich seinen Sieg feiert. Der ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses und ehemalige Lobbyist hat alle anderen Kandidaten bei den Vorwahlen in South Carolina rechts überholt. Mit 40 Prozent der Stimmen hat er gegen den Multimillionär Mitt Romney (28 Prozent), gegen den katholischen Fundamentalisten Rick Santorum (17 Prozent) und gegen den Antiinterventionisten und Steuerstürmer Ron Paul (13 Prozent) gewonnen.

Am Samstagabend hatte Gingrich in seiner Rede gegen den „Lebensmittelmarkenpräsidenten“ mit den „linksextremistischen Freunden in San Francisco“ gewettert und die „Schwäche“ der USA in Saudi-Arabien und Iran polemisiert. Er selbst werde als Präsident „fanatisch antireligiöse Richter“ eliminieren, einen nennt er namentlich.

„So wie South Carolina, entscheidet die Nation“, heißt es in den USA. Denn traditionell tippen die Wähler in dem Bundesstaat bei Vorwahlen auf den Kandidaten, der am Ende nominiert wird. Doch dieses Mal zeigen die ersten Vorwahlen in einem konservativen Bundesstaat im Süden vor allem eine zutiefst gespaltene republikanische Partei, der eine lange Entscheidung über ihren Präsidentschaftskandidaten bevorsteht.

Nach den Vorwahlen in drei Bundesstaaten haben die Republikaner drei Sieger, die drei unterschiedliche Flügel repräsentieren: Santorum hat seit Iowa die christlichen Fundamentalisten hinter sich, Romney mit einem Sieg im heimischen New Hampshire wird vom Parteiestablishment unterstützt, und Gingrich aus dem Südstaat Georgia hat einen Teil jener rechten Basis im Nachbarstaat South Carolina erobert, die in den vergangenen Monaten als Tea Party auf die Straße ging.

Noch Anfang des Jahres sah es so aus, als läge Gingrichs Zukunft als Präsidentschaftskandidat bereits hinter ihm. Negative Werbespots von Romney-Unterstützern hatten ihn in Iowa auf einen schwachen vierten Platz abgedrängt. Die Werbespots beschrieben Gingrich als einen Politiker, der angeblich gegen „das Establishment“ kämpft, aber seit Jahrzehnten Washingtoner Insider ist, der als Vorsitzender des Repräsentantenhauses auch in der eigenen Partei viele vor den Kopf gestoßen hat und bei der Hypothekenbank Freddie Mac während der Immobilienblase mehr als 1,6 Millionen Dollar kassiert hat. Und Gingrich wurde als windiger Privatmann mit dritter Ehefrau und mittlerweile dritter Religion dargestellt.

Doch der 68-jährige Gingrich hat in South Carolina ein spektakuläres Comeback geschafft. In dem Südstaat, wo das republikanische Publikum überwiegend weiß ist, jonglierte er geschickt mit Ressentiments. Bei einer Fernsehdebatte zitiert er den siebten US-Präsidenten Andrew Jackson. Gingrich: „Er hatte eine klare Position dazu, was mit den Feinden Amerikas geschehen soll: Kill them“. Das republikanische Publikum applaudiert begeistert. Am nächsten Tag erinnert die Zeitung Indian Country Today daran, dass Jackson als Präsident die Deportationen der Ureinwohner organisiert hat.

Auch Gingrichs täglich mehrfach wiederholter Spruch, Obama sei der „Präsident der Lebensmittelmarken“, bedient Ressentiments. Das Publikum in South Carolina weiß, dass ein hoher Anteil der Lebensmittelmarkenbezieher schwarz ist. In dieselbe Richtung geht Gingrichs Vorschlag, das Arbeitsverbot für Kinder aus armen Familien abzuschaffen: Er will sie als Hilfshausmeister engagieren – weil das billiger sei als nach „Gewerkschaftstarifen“ bezahlte Hausmeister und weil die Kinder auf diese Art „lernen, was Arbeit ist“.

Demokraten freuen sich über Antipathieträger Gingrich: „We can beat the bastard“

Rechtzeitig vor den Wahlen in South Carolina hatten Gingrichs Unterstützer einen 5-Millionen-Dollar-Scheck von einem Kasinobesitzer aus Las Vegas bekommen. Als Retourkutsche gegen Romney verbreiten sie einen Film über diejenigen Arbeitsplätze, die er mit seinem Private-Equity-Unternehmen vernichtet hat.

Noch zwei Tage vor der Vorwahl in South Carolina war eine private Bombe in Gingrichs Wahlkampf geplatzt. Der Fernsehsender ABC veröffentlicht ein Interview mit Gingrichs zweiter Exfrau, die ihn nicht nur der Untreue bezichtigt, sondern auch sagt, er habe ihr eine „offene Beziehung“ vorgeschlagen. Doch Gingrich schafft es, die Aufmerksamkeit mit Gegenattacken abzulenken. Er greift die „jämmerlichen Mainstream-Medien“ an. In South Carolina gefällt das: Er bekommt Standing Ovations von dem republikanischen Publikum.

Nach South Carolina wollen alle vier Republikaner im Rennen bleiben. Ihre nächste Station ist Florida, wo am 31. Januar die nächste Vorwahl stattfindet. In Florida ist die Bevölkerung weniger homogen und konservativ als in South Carolina, unter anderem weil dort viele Rentner aus allen Teilen der USA und Einwanderer aus Lateinamerika leben.

Auch die Demokraten jubilieren nach den Vorwahlen von South Carolina. Sie halten Gingrich für den einfachsten Gegner für das Duell mit dem Demokraten Obama. Gingrich ist ein starker Antipathieträger und bekannt für Eigentore. „We can beat that bastard“, freut sich eine Demokratin am Wahlabend in Washington.

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