Italiens Linke feiert klaren Etappensieg

ITALIEN Bei der Wahl der Präsidenten zum Senat und zum Abgeordnetenhaus kann die Linke durch kluge Manöver ihre Kandidaten durchbringen. Das Berlusconi-Lager geht dank der „Grillini“ leer aus

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Italien erlebte am Samstag die Wahl zweier Parlamentspräsidenten, wie sie das Land noch nie gesehen hatte. Zum Zuge kamen als Kandidaten der Mitte-links-Allianz zwei Seiteneinsteiger in die Politik und absolute Parlamentsneulinge – die Menschenrechtsaktivistin Laura Boldrini und der Anti-Mafia-Staatsanwalt Piero Grasso.

Im Abgeordnetenhaus – dort hat die Mitte-links-Allianz 345 der 630 Sitze – war der Ausgang der Wahl von vornherein klar; erwartungsgemäß setzte Boldrini sich problemlos durch. Doch auch hier zeigte sich bei ihrer Antrittsrede, dass die Operation des Chefs des gemäßigt linken Partito Democratico, Perluigi Bresani, funktioniert hatte: Während sich in den Reihen des Berlusconi-Lagers keine Hand für ihren leidenschaftlichen Menschenrechtsappell rührte, spendeten auch die Abgeordneten der 5-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo immer wieder stehend Beifall.

Völlig offen war dagegen das Rennen im Senat. Dort hat das Mitte-links-Bündnis nur 125 der 315 Senatoren; 177 zählen zur Berlusconi-Rechten und der mit ihr verbündeten Lega Nord, 54 sind „Grillini“ und 19 gehören zur Monti-Fraktion. Die Rechte schickte im entscheidenden Wahlgang Renato Schifani ins Rennen, den scheidenden Senatspräsidenten. Damit standen sich zwei Sizilianer gegenüber, mit Biografien, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Auf der einen Seite mit Piero Grasso ein Staatsanwalt, der sein ganzes Leben dem Kampf gegen die Cosa Nostra gewidmet hatte, auf der anderen mit Schifani ein Rechtsanwalt, dem von diversen Kronzeugen allzu große Nähe zu Mafiosi bescheinigt wurde.

Die Kandidatur Grassos brachte vor allem Grillos Partei in Verlegenheit. Die hatte im Vorfeld erklärt, keine Stimme werde an die Kandidaten der „Altparteien“ gehen. Auf der Fraktionssitzung unmittelbar vor dem letzten Wahlgang kam es dann zu heftigen Zusammenstößen. Grillo-Senatoren aus Sizilien und anderen süditalienischen Regionen erklärten rundheraus, sie könnten sich „bei den Wählern zu Hause nicht mehr blicken lassen“, wenn am Ende der Rechtskandidat Schifani gewählt würde. Am Ende scherten 10 bis 12 Grillini aus der Fraktionsdisziplin aus und votierten für Grasso, der so klar gewann.

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