Rechtsextreme dürfen weiter Anne Frank verhöhnen

NAZIS Gericht spricht Rechte vom Vorwurf der Volksverhetzung frei. Liedtext „nicht eindeutig“

Der Name „Schrank“ könne ein Hinweis auf Anne Franks Versteck sein, so die Richter

Bei der Urteilsverkündung feixten die Neonazis: Am Montag hat das Landgericht Berlin drei von acht Mitgliedern der rechten Rockmusikszene freigesprochen, die wegen Volksverhetzung angeklagt waren, darunter den 36-jährigen Andreas T., Berliner Polizeihauptmeister, zurzeit vom Dienst suspendiert. Die Männer sollen die CD „Gift für die Ohren“ der rechtsextremen Bands Burn Down und Deutsch, Stolz, Treue (D.S.T.) produziert und verbreitet haben.

Der freigesprochene Uwe M. ist Mitglied der Rechtsrockband Burn Down, Andreas T. und Lutz W. haben beim Vertrieb der CD geholfen. Insbesondere ging es um ein Lied auf der CD mit dem Titel „Es war einmal …“. Im Text werde behauptet, dass das Tagebuch der Anne Frank erfunden sei, so die Anklage. Das Gericht sah es jedoch nicht als erwiesen an, dass mit der im Text besungenen Person „Hannelore Schrank“ eindeutig die von den Nazis ermordete Jüdin Anne Frank gemeint sei.

Im Lied heißt es unter anderem: „Das dicke Buch der Hannelore Schrank ist viele, viele Seiten lang (…) Man denkt sich eine wilde Story aus und schlachtet sie dann völlig aus.“ In der Urteilsbegründung heißt es, für den Durchschnittshörer sei der Bezug zu Anne Frank nicht eindeutig nachvollziehbar, auch wenn es Hinweise darauf gebe: Im Vornamen „Hannelore“ stecke „Anne“, der Nachname „Schrank“ könne ein Hinweis auf das Versteck Anne Franks während des Zweiten Weltkrieges sein. Auch reime „Schrank“ sich auf „Frank“. Eine eindeutige zeitliche Einordnung gebe es im Liedtext nicht. Deshalb könne die Bezeichnung des Tagebuchs als „wilde Story“ nicht als Leugnung von NS-Verbrechen gewertet werden, so das Gericht. Im Liedtext heißt es weiter: „Zu viele glauben an dieses Buch ja, dieser ‚Schinken‘ ist echt ein Fluch.“

Wie die Pressestelle der Polizei der taz bestätigte, ist Andreas T. seit September 2007 vom Dienst suspendiert. Er werde auch nach seinem Freispruch nicht weiterbeschäftigt. Der Prozess gegen die übrigen fünf Neonazis wird am 28. März fortgesetzt. Zwei von ihnen haben als Mitglieder der Band D.S.T die CD „Die Antwort aufs System“ produziert, die rechtsextreme Lieder enthalten soll. Die Bands Burn Down und D.S.T. gehören zu den beiden wichtigsten deutschen Rechtsrockbands.

Laut Berliner Verfassungsschutz ist die Band D.S.T. in ein enges Netzwerk aus anderen Rechtsrockbands der Region eingebunden, die sich gegenseitig bei der Logistik und dem Verkauf von CDs unterstützen. Die übrigen Angeklagten sollen geholfen haben, die CD „Die Antwort aufs System“ in Berlin, Wismar und Hennigsdorf zu verbreiten. Ihnen wird zudem vorgeworfen, Pullover mit Nazisymbolen verkauft zu haben. Der 32-jährige Philip Sch. soll außerdem eine Pumpgun mit Munition besessen haben. MIRJAM SCHMITT