Schanze rockt gegen Nazis

ANTIFASCHISMUS Großes Open-Air Konzert vor der Roten Flora zur Mobilisierung gegen den Neonazi-Aufmarsch am 2. Juni. Blockaden und Demos geplant

„Die Leute sollten wegen der Inhalte kommen und nicht wegen der Live-Mucke“

SPRECHER „AUFMUCKEN GEGEN NAZIS“

Als die Heidelberger Reggae-, Punk- und Hip-Hop-Band „Irie Revoltes“ um kurz nach 22 Uhr am Samstagabend zum Abschluss ihre Songs „Aufstehen“ und „Antifaschist“ spielen, geht es auf der Schanze noch mal richtig ab.

Die Massen rocken und tanzen, vom Dach der Roten Flora schießt ein Feuerwerk in den blau-rot gefärbten Abendhimmel, bengalische Feuer röten die Szenerie auf dem Schulterblatt vor der Piazza und Rauch liegt in der Luft. Es ist das Finale des sechsstündigen antifaschistischen Open Air-Konzerts „Aufmucken gegen Neonazis“, der Auftakt zur Mobilisierung gegen den Neonaziaufmarsch am sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 2. Juni in Hamburg.

Mehrere tausend Menschen hatten den Nachmittag über das Konzert vor der Roten Flora mit mehreren Gruppen besucht. Motto: „Keine Zukunft für Nazis – Naziaufmarsch verhindern“.

Die Veranstaltung war zwar angekündigt, aber bei den Behörden zur Bewahrung der Autonomie nicht angemeldet worden. Die Stadt akzeptierte diesen Schritt in der Tradition der Schanzenfeste, die Polizei nahm nur kurz mit den Veranstaltern Kontakt auf, dass Verkehrs-Absperrungen ja ihre Angelegenheit sei.

Nahezu geheim gehalten war der Auftritt der Band „Deichkind“, die vor kurzem noch die O2-Arena füllte. „Wir wollten nicht, dass ‚Deichkind‘ Übergewicht bekommt, sondern sich in das Programm einbettet“, sagt ein Konzert-Sprecher. „Die Leute sollten wegen der Inhalte kommen, und nicht, weil es Live-Mucke umsonst gibt.“

Obwohl in Twitter- und Facebook-Zeiten der „Deichkind“-Auftritt nicht ganz geheim blieb, kam die Botschaft der Band doch rüber. „Wenn die Leute in Neumünster zweimal den Naziaufmarsch verhindern konnten, können wir das auch“, sagt die 19-Jährige Sabrina nach der Deichkind-Show. Zusammen mit ihren Freundinnen Ute und Anke hat sie sich zum Blockade-Training im Stadtteilzentrum „Kolibri“ angemeldet, um zu üben, sich den Nazis am 2. Juni effektiv in den Weg zu stellen.

Seit vier Jahren feiern Neonazis den 2. Juni mit stetiger Beteiligung als „Tag der deutschen Zukunft.“ Wenn es der im Norden zerstrittenen rechten Szene gelingt, die autonomen Nationalisten aus Nordrhein-Westfalen für den Aufmarsch zu gewinnen, ist mit tausend militanten Rechten zu rechnen.

Dagegen regt sich über Parteigrenzen hinweg gesellschaftlicher Widerstand. So sind mehrere Demonstrationen und Blockaden geplant. Weiterhin ist eine Kundgebung auf dem Gänsemarkt angemeldet worden, von dort aus will der rechte Mob am 2. Juni um 12 Uhr losmarschieren.   PETER MÜLLER