Besserverdienende gegen Steuersenkungen: Schlauer als die FDP

Mehrheit der Deutschen gegen weitere Steuersenkungen – und nicht nur die Niedriglöhner. 70 Prozent derer, die mehr als 3000 Euro verdienen, wollen keine weitere Entlastung.

53 Prozent der FDP-Wähler halten die FDP-Steuerpolitik für nicht unterstützenswert. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Volk möchte so nicht weiterregiert werden. Eine satte Mehrheit von 58 Prozent lehnte in einer Umfrage die Steuersenkungspläne der Koalition ab. Am stärksten ist die Kritik ausgerechnet in der Gruppe, die die FDP entlasten will: Knapp 70 Prozent der Besserverdienenden mit einem Einkommen von mehr als 3.000 Euro wollen keine weitere Entlastung um 24 Milliarden Euro, wie die FDP sie anvisiert. Das ergab die am Freitag veröffentlichte Repräsentativumfrage "ARD-Deutschlandtrend" von Infratest dimap.

Die Ablehnung der Pläne geht quer durch alle Parteien, sogar die FDP-Anhänger sind mit 53 Prozent mehrheitlich dagegen. Sie schließen sich damit der Haltung vieler Ökonomen an, die keine Spielräume für Steuergeschenke sehen.

Am Freitag legte Wolfgang Wiegard, Mitglied des Sachverständigenrats, noch einmal nach: "Die Steuersenkungsversprechen waren für jeden, der die Zahlen kannte, schon vor der Bundestagswahl nicht nachvollziehbar", sagte er. Die FDP sei bei ihrem Dreikönigstreffen jeden Vorschlag zur Gegenfinanzierung schuldig geblieben. "Man gewinnt den Eindruck, dass die Liberalen die Wirtschaftskrise und ihre Konsequenzen nicht richtig mitbekommen hätten", so Wiegard.

FDP-Vizefraktionschef Jürgen Koppelin zeigte sich gegenüber der taz unbeeindruckt: "Der Sachverständigenrat hat mit seinen Urteilen schon öfter danebengelegen. Er kann auch wieder danebenliegen." Die Steuersenkung könne durch Ausgabenkürzungen "locker" gegenfinanziert werden. Die Union geht seit Wochen auf Abstand zu dieser Haltung, sie will Steuersenkungen von der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten Monate abhängig machen.

Der anhaltende Streit nicht nur bei diesem Thema beschert der Regierung mittlerweile eine Vertrauenskrise: 67 Prozent sind mit der Arbeit der Koalition unzufrieden, nur noch 28 Prozent sind zufrieden. Zugleich steigt die Angst vor einer Verschärfung der Wirtschaftskrise laut "Deutschlandtrend" um acht Punkte auf 64 Prozent.

Der Finanzexperte der SPD-Fraktion, Joachim Poß, zeigte sich nicht überrascht von den Umfragen: "Langsam, aber sicher setzt sich die Vernunft bei den Bürgerinnen und Bürgern durch", meinte er gegenüber der taz. "Gerade bei der Klientel der FDP, den Besserverdienenden, ist das Verantwortungsgefühl offenbar besser ausgeprägt als bei der Parteiführung."

Für das am 17. Januar geplante Koalitionsgespräch sei eine Generalinventur nötig: "Die Koalition ist jetzt schon konzeptionell total am Ende." SPD-Parteivize Andrea Nahles spottete, dies sei bereits der dritte angekündigte Neustart der Regierung. In der großen Koalition habe es solche Streitigkeiten nicht gegeben. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte: "Wir leben in einem Land ohne Regierung", und stellte fest: "So eine Chaos-Combo war Rot-Grün nie."

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