Schavan will Stipendienprogramm pushen: Universitäten lernen Betteln

Das nationale Stipendienprogramm kommt nicht in Schwung. Nun finanziert das Bildungsministerium Kurse, wie die Universitäten Sponsoren gewinnen können.

Fundraising - in Zukunft ein Studiengang mit Numerus Clausus? Bild: dapd

BERLIN taz | "Wie begeistert man Geldgeber für Stipendien?" Fragen wie diese können sich Hochschulen seit Montag im Rahmen einer Fundraiser-Schulung beantworten lassen. Und zwar kostenlos. Die dreitägige Ausbildung bezahlt das Bundesbildungsministerium - in der Hoffnung, dass das groß angekündigte Stipendienprogramm von Hausherrin Annette Schavan (CDU) endlich zündet.

Schavan war lange Zeit mit der Idee eines Stipendienprogramms für ganz Deutschland hausieren gegangen. Ein solches Programm sei überfällig, meinte Schavan. Bis zu 160.000 leistungsstarke Studierende sollten damit 300 Euro monatlich von ihrer Hochschule erhalten - zur Hälfte vom Staat und zur Hälfte von der Wirtschaft finanziert. Die Länder aber weigerten sich. Schavan brachte ihr Projekt im Sommer nur durch den Bundesrat, indem sie zusicherte, dass der Bund auch den Anteil der Länder übernimmt.

Doch statt 430 Millionen Euro - die der Staat jährlich zahlen müsste, wenn die Pläne wahr würden - hat das Ministerium lediglich 10 Millionen Euro für das nächste Jahr im Haushalt eingeplant. Das würde einer Aufnahme von 6.000 Studierenden ins Programm entsprechen, schätzt das Ministerium. Bei diesem Tempo wäre Schavan in 27 Jahren am Ziel.

Die Idee: Die Hochschulen werben von Firmen und Mäzenen Geld ein. Der Staat verdoppelt diese Summe. Irgendwann soll nach Plänen der schwarz-gelben Koalition jeder zehnte Studierende (160.000) monatlich 300 Euro Leistungsstipendium erhalten.

Die Erfahrung: Seit einem Jahr läuft ein ähnliches Programm in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt 2.600 Studierende erhalten zurzeit den Leistungszuschlag von 300 Euro - 0,5 Prozent aller Studierenden in NRW. (ale)

Selbst 6.000 Stipendien pro Jahr sind jedoch eine optimistische Annahme. Ein Teil der 10 Millionen Euro für Stipendien, 1,65 Millionen Euro nämlich, sind bereits für Anzeigenkampagnen reserviert und ebenjene Schulungen. Für die Fortbildungenen in Frankfurt am Main, Leipzig, Stuttgart und Hannover erhält die private actori GmbH 131.460 Euro öffentliche Gelder.

Doch das Interesse der Hochschulen ist lau. Für jeden der vier Kurse haben sich laut actori 20 bis 30 Teilnehmer angemeldet, das Bildungsministerium kalkuliert aber mit 80 Teilnehmern pro Kurs. Die Uni Leipzig, vor deren Tür eine der Fortbildungen stattfindet, wartet laut einer Sprecherin noch auf das Okay der CDU-FDP Landesregierung.

Die Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder hat sich hingegen einen Platz reserviert, obwohl sie eigentlich weiß, wie es geht. Seit drei Jahren ist sie Stiftungsuni, hat sich also dafür entschieden, Firmen und Privatpersonen konsequent um Geld zu bitten. Bereits jetzt vergibt die Hochschule 179 Stipendien.

Das Einwerben sei relativ einfach, aufwändiger sei die Pflege, berichtet die Leiterin der Fundraising-Abteilung Susanne Orth. "Ein Spender will speziell Stipendiaten aus Nordpolen fördern, Firmen wollen am liebsten ihre zukünftigen Mitarbeiter auf diesem Wege rekrutieren." Der Bund erstattet 7 Prozent der eingeworbenen Summe als Verwaltungskosten, doch das decke nicht die Kosten, meint Orth: "Damit können wir eine studentische Hilfskraft einstellen, aber keine Stelle besetzen."

Kritiker prophezeien bereits das Ende des Programms, bevor es richtig begonnen hat: "Das Deutschlandstipendium ist so gut wie beerdigt", meint die Hochschulpolitikerin der Linkspartei, Nicole Gohlke. Ihre Partei will mit dem Geld zwar weiterhin lieber das elternabhängige Bafög aufstocken. Aber nur noch pro forma: "10 Millionen Euro sind keine Summe, mit der man relevant etwas bewegen könnte."

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