Verdächtiger ist frei

JUSTIZ Nach dem Mord an einem Iraker in Leipzig sieht Staatsanwalt „keinen Haftgrund“ für Daniel K.

BERLIN taz | Daniel K. ist vorerst frei. Der 28-Jährige saß in Untersuchungshaft weil er gemeinsam mit Marcus E. in der Nacht zum 24. Oktober in Leipzig den Iraker Kamal K. erstochen haben soll. „Es gibt keinen Haftgrund mehr, weil sich gegen ihn nur noch der Tatvorwurf der gemeinschaftlich schweren Körperverletzung aufrechterhalten ließ“, sagte der Leipziger Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz der taz. Der Vorwurf gegen Marcus E. lautet weiter auf Mord.

Nach einem Discobesuch begegnete das Opfer den Tatverdächtigen am Leipziger Hauptbahnhof und wurde von ihnen „angemacht“, sagte Schulz. Nach einem verbalen Schlagabtausch prügelten sie auf Kamal K. ein, später soll Marcus E. mit einem Messer zugestochen haben. Daniel K. sagte aus, er könne sich kaum erinnern, da er alkoholisiert war. Er habe aber nicht zugestochen.

„Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Tat fremdenfeindlich motiviert war“, sagte Oberstaatsanwalt Schulz. Es seien keine rassistischen Sprüche gefallen, zudem sei es zu dunkel gewesen, um das Opfer zu erkennen. „Außerdem hat er perfekt Deutsch gesprochen.“

Die Verdächtigen haben eine rechte Gesinnung. Daniel K. war Mitglied in der rechtsextremen Kameradschaft Aachener Land. „Es gibt auch beim zweiten Tatverdächtigen Hinweise auf eine rechte Vergangenheit“, so Schulz. Er verwies auf einschlägige Tattoos. Die Ermittlungen werden im Januar abgeschlossen, dann wird Anklage erhoben. Ob sie gegen Marcus E. auf Totschlag oder Mord lautet, ist auch davon abhängig, ob ihm fremdenfeindliche Motive unterstellt werden.

Antirassistische Gruppen zeigen sich empört. „Die Freilassung und die Entpolitisierung des Mordes ist ein Schlag ins Gesicht der Familie und Freunde von Kamal“, sagte etwa Juliane Nagel, Leipziger Stadträtin der Linkspartei. PAUL WRUSCH