Komitee für Wahrheit und Gerechtigkeit

AUSSETZER Ein Film über den G-8-Gipfel in Genua sorgt für viel Wirbel

Vor zehn Jahren eskalierte der G-8-Gipfel in Genua, nachdem der Demonstrant Carlo Giuliani durch eine Polizeikugel zu Tode gekommen war. Die Polizei überfiel die in der Diaz-Schule eingerichtete Zentrale des Genoa Social Forum, wo die Demonstranten und Aktivisten die Nacht verbrachten. 92 Demonstranten und Journalisten wurden von Männern des Sonderkommandos DIGOS unter falschen Anschuldigungen festgehalten und misshandelt. Der italienische Regisseur Daniele Vicari macht daraus nun den Spielfilm „Diaz – Don’t Clean up his Blood“. Er stützt sich auf Prozessakten und auf Gespräche mit Zeitzeugen. Die Dreharbeiten haben im Juni begonnen. Und der Regisseur macht sich mit dem Projekt nicht nur Freunde.

Domenico Procacci von der Produktionsfirma Fandango sagt, er sei auf große Schwierigkeiten gestoßen, als er Geldgeber für den Film suchte: Weder der Kulturfonds noch große Filmverleiher wie Medusa oder das staatliche Fernsehen RAI waren bereit, an den Arbeiten mitzuwirken. Procacci, der bereits den Film „Gomorrah“ über das organisierte Verbrechen produzierte, ist dafür bekannt, soziale Themen aufzugreifen. Er ist überzeugt, dass es sich bei „Diaz“ um einen „notwendigen“ Film handelt, weil eine Aufarbeitung der Ereignisse noch nicht stattgefunden hat.

Damit schuf er sich aber nicht nur Freunde. Das Komitee für Wahrheit und Gerechtigkeit in Genua, das von Opfern der Polizeiausschreitungen und von deren Angehörigen gegründet wurde, reagierte verärgert, als es erfuhr, dass der Produzent und der Regisseur das Drehbuch vorab an den Polizeihauptmann Manganelli geschickt hatten. Sie unterstellten Fandango eine Zusammenarbeit mit der Polizei und beschwerten sich darüber, dass die Filmemacher sie nicht konsultierten.

Im Mai hatte Procacci bereits angekündigt, nicht gegen die Polizei arbeiten zu wollen, sondern die Kommunikation zu suchen. Von einer Zusammenarbeit, wie das Komitee berichtete, könne indes nicht die Rede sein. Im Film sollen auch die grausamen Ereignisse in der Kaserne von Bolzaneto, in der Gefangene wie in einem Lager gehalten wurden, zu sehen sein. Amnesty International bezeichnete dies als einen der „gravierendsten Aussetzer der demokratischen Menschenrechte in einem westlichen Land nach dem Zweiten Weltkrieg“.

Die französische Produktionsfirma Le Pacte und die rumänische Mandragora wirken an dem Filmprojekt, das rund 7 Millionen Euro kosten soll, mit; das gesamte Filmteam ist so international wie die Produzenten. Zu den Darstellern zählen Elio Germano, Claudio Santamaria, Jennifer Ulrich aus Deutschland und Monica Barladeanu aus Rumänien. In Bukarest wurde die Diaz-Schule rekonstruiert. Auch die Massenszenen werden in der rumänischen Hauptstadt gedreht. Nur Anschluss- und Außenszenen werden ab August in Genua gedreht. Im Frühling 2012 soll der Film in den italienischen Kinos anlaufen.

MARION VON ZIEGLAUER