Kommentar Arbeit: Verdeckter Wandel

Wer Arbeit hat, hat noch lange keine ausreichende Altersvorsorge: Nur ein Beispiel dafür, auf welch tönernen Füßen das deutsche Jobwunder steht. Immer mehr schlecht bezahlte Teilzeitarbeit.

So scheinbar unvorhersehbar die Finanzkrise über uns kam, so vergleichsweise überraschend zeigt sich in Deutschland nun die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Obwohl die Kurzarbeit zurückgeht, bleiben die oft beschworenen Massenentlassungen aus. Das ist gut, aber nicht ungefährlich: Leicht trübt sich der Blick auf das, was sich bei den Arbeitsbedingungen auf dem Jobmarkt tut; dort zählen nicht nur platte Quantitäten.

Gutbezahlte Stellen in der Industrie, meist in Vollzeit, schrumpfen. Neue Jobs im Sozial- und Gesundheitswesen, oft Teilzeit, eher schlecht bezahlt, wachsen aus dem Boden, dies zeigt der aktuelle Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. AltenpflegerInnen etwa werden von den Heimen händeringend gesucht.

Ja, muss man also zugeben: Es gibt Arbeit. Die Frage ist, welche und zu welchen Bedingungen. Diese Perspektive ist kein Luxus, wenn viele befristet Beschäftigte heute nicht mehr vom Kündigungsschutz profitieren, wenn das Gehalt für eine private Altersvorsorge und manche Gesundheitsleistungen nicht ausreicht und übrigens auch ein Mindestlohn nicht dazu führt, dass man am Ende des Arbeitslebens eine Rente hat, die höher ist als Hartz IV.

Arbeit zu haben, verschafft heute nicht mehr automatisch ein Gefühl von Sicherheit. Es kann auch ein Quell der Prekarität, sogar der Demütigung sein. Die Warenhauskette Kaufhof schlug ihren Angestellten kürzlich trotz guter Geschäftszahlen vor, die Arbeitszeiten unentgeltlich um viereinhalb Stunden in der Woche zu verlängern, gegen eine schlichte Beschäftigungsgarantie. Die Aufgabe wird also sein, die Maßstäbe für eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik zu erweitern, über die Arbeitslosenzahlen hinaus - gerade weil der befürchtete Schrecken in der Statistik bisher ausgeblieben ist.

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