Kommentar Portugals Sparpaket : Auf Zusammenbruch spekuliert

In Europa fällt den Regierungen nur ein Mittel ein, um der Krise zu begegnen: Sie belasten die Massen und schonen die Eliten. Damit sollen allein die Anleger beruhigt werden.

Und wieder wird gespart: Diesmal ist es die portugiesische Regierung, die eine neue Kürzungsrunde plant. So sollen die Mehrwertsteuer erhöht und die Gehälter der Beamten gekürzt werden. Noch unorigineller könnten die Vorschläge gar nicht sein. Überall in Europa fällt den Regierungen nur ein einziges Mittel ein, um der Krise zu begegnen: Sie belasten die Massen und schonen die Eliten.

Funktionieren kann das nicht. Auch dafür steht Portugal, das innerhalb von einem halben Jahr nun schon das zweite Sparpaket auflegt. Denn wer die Nettolöhne nach unten drückt, senkt automatisch auch die Binnennachfrage. Europaweit sparen sich die Regierungen in eine neue Wirtschaftskrise.

Dieser Wahnsinn hat jedoch Methode. Bei den Sparpaketen geht es allein darum, die Anleger und vor allem die Ratingagenturen zu beruhigen. Sie sollen bewogen werden, die Bonitätsnoten der Krisenländer nicht noch weiter herunterzustufen. Wie nervös die Finanzmärkte sind, zeigt sich bei jeder neuen Emission von Staatsanleihen: Krisenländer wie Griechenland bekommen nur noch Geld für 26 Wochen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Finanzinvestoren jederzeit mit einem Zusammenbruch rechnen - obwohl die Krisenländer angestrengt ihre Staatsausgaben kürzen.

Auch den Anlegern ist also völlig klar, dass die Sparanstrengungen ökonomisch kontraproduktiv sind. Doch diese mittelfristigen Folgen sind längst egal. Es geht um den kurzfristigen Gewinn. Wer jederzeit mit dem Crash rechnet, will bis zum Zusammenbruch maximale Rendite sehen. In dieser Logik ist es außerordentlich sinnvoll, die Massenkaufkraft zu beschneiden. Nichts bringt schneller jene Milliarden, die die Anleger als Spekulationsgewinn kassieren wollen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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