Wo und wie der Pfeffer wächst

GEWÜRZE Der Markt für Bio- und Fairtrade- Gewürze ist noch klein – aber immer mehr Produzenten achten auf faire Standards bei der Produktion. Das macht sich nicht zuletzt auch in der Qualität bemerkbar

Pfeffer kann auch mit Aromen von Beeren, Berberitze oder Tabak überraschen

VON ULRIKE SCHATTENMANN

Der Chef von Spice for Life ist gerade nicht erreichbar. Patrick Hahnel ist auf Sumatra unterwegs, auf der Suche nach dem seltenen, wild wachsenden Andaliman-Pfeffer, erzählt seine Lebenspartnerin Angela Krebs: „Der ist eine echte Rarität. Das Samenkorn der Pfefferpflanze treibt nur aus, wenn es vorher den Verdauungstrakt einer bestimmten Vogelart passiert hat.“ Gourmets schätzen ihn wegen seines milden Aromas und der Zitrusnote.

Spice for Life ist ein kleiner Gewürzhändler und -produzent aus Berlin, der sich auf seltene und hochwertige Sorten spezialisiert hat. Etwa Zitronenmyrthe aus Australien, deren unterschwelliger Eukalyptusgeschmack Hühnchengerichte aufpeppt. Oder grünes Paprikapulver, das von einem Demeterhof im spanischen Andalusien stammt und so intensiv leuchtet, dass man meinen könnte, es sei eingefärbt worden.

Alle Sorten sind bio-zertifiziert, ohne Aroma-, Farb- und andere Zusatzstoffe. Das ist selten in einer Branche, in der Massenware den Markt bestimmt. Im Mittelalter wurde Pfeffer noch mit Gold aufgewogen, heute landet er als Plantagenware aus Vietnam im Supermarktregal oder in der Salamiproduktion. Angebaut wird die Pflanze oft unter miserablen Bedingungen und hohem Einsatz von Pestiziden.

Kein Wunder, dass handelsübliche Ware oft nicht anders schmeckt als „fein gemahlener Staub“, wie es Anja Matthes von Pure Pepper formuliert. Vor fünf Jahren fand sie bei einer Reise durch Kambodscha heraus, dass Pfeffer auch andere Noten haben kann: fruchtig oder süßlich, mit Aromen von Beeren, Berberitze oder Tabak. Ein Aha-Erlebnis, sagt die 38-jährige. Seitdem vertreibt sie ausgewählte Sorten übers Internet.

„Bei Pfeffer ist es wie bei gutem Wein: Qualität und Aroma hängen stark vom Erntezeitpunkt ab“, sagt Matthes. Der gemahlene Pfeffer aus dem Supermarkt sei oft fünf bis sechs Jahre alt. „Mein Pfeffer ist erntefrisch.“ Verkauft wird er in blickdichten schwarzen Pfefferdosen mit künstlerisch gestalteter Banderole. Sonne und Licht sind Aromakiller, sagt Matthes, die auch ein Blog zum Thema betreibt. Sie rät, Gewürze nie lose auf Märkten, nie gemahlen und nie in durchsichtigen Verpackungen zu kaufen.

Matthes will mit Pure Pepper auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Pfefferbauern aus Kambodscha verbessern: Sie zahlt Preise, die über dem Marktniveau liegen, außerdem hat sie langfristige Abnehmerverträge geschlossen. Der Weltmarkt für Kräuter und Gewürze wird von wenigen großen Unternehmen dominiert, die die Einkaufspreise drücken. Weil in den letzten Jahren immer mehr Länder in den Gewürzanbau eingestiegen sind, kam es zu einem Überangebot, und die Marktpreise fielen plötzlich stark. Darunter leiden insbesondere Kleinbauern und Familienbetriebe.

Noch bewegen sich Händler wie Matthes oder Hahnel in einer Nische. „Als Fairtrade-zertifizierte Produkte spielen Gewürze kaum eine Rolle“, sagt Claudia Brück von Fairtrade Deutschland. Dass sich gerade kleine Manufakturen wie Pure Pepper eine aufwändige Zertifizierung mit dem Sozial-Siegel nicht leisten können, mag ein weiterer Grund sein, warum man im Handel wenig Gewürze mit dem blau-grünen Siegel findet – anders als etwa Fairtrade-Kaffee oder Bananen.

Aber das Bewusstsein für Qualität und die Herkunft der Produkte wächst. Das meint auch Richard Friedrich von der Gewürzkampagne. Das Start-Up vertreibt getrocknete Gewürze nach Vorbild der Teekampagne ohne Zwischenhandelsstufen; die Gewürze wandern frisch vom Feld nach Hamburg, wo sie in große aromaschonende und nachfüllbare Beutel verpackt werden. Von dort geht es per Online-Versand direkt zum Verbraucher. „Das reduziert Aufwand für Transport und Verwaltung und macht unsere Produkte erschwinglich“, sagt Friedrich, einer der sechs Gründer des Start-Ups.

Unser Anruf erwischt ihn auf einem Oreganofeld in Griechenland, wo er sich die aktuelle Ernte anschaut. Die Gewürzkampagne konzentriert sich bewusst nicht auf Exoten, sondern europäische Standard-Küchenkräuter wie Majoran, Basilikum und Rosmarin. „Denn auch hier gibt es große Qualitätsunterschiede“, sagt Friedrich. „Unser Oregano wird in Höhenlage angebaut, da ist die Sonne viel intensiver. Weil die Produzenten darauf achten, dass eine bestimmte Temperatur beim Trocknen nicht überschritten, ist der Gehalt an ätherischen Ölen sehr hoch.“ Auch das Rebeln, bei dem die getrockneten Blätter vom Stiel entfernt werden, erfolgt per Handarbeit und nicht maschinell. Nur die aromatischen Blätter schaffen es in die Gewürzkampagne-Beutel, keine faden Füller wie Stengel oder Blattstiele.

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