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ÄGYPTEN Die ägyptische Staatsanwaltschaft verfügt ein Ausreiseverbot für ehemalige Minister und ermittelt. Oppositionelle lehnen Gesprächsangebote der Regierung ab

Auf dem Tahrir-Platz soll ein Ausländer zu Tode geprügelt worden sein

KAIRO afp/dapd/rtr | Die ägyptische Staatsanwaltschaft hat ein Ausreiseverbot für mehrere ehemalige Minister und Beamte verhängt, darunter den Anfang der Woche abgelösten Innenminister Habib al-Adli. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Mena sagte Staatsanwalt Abdel Meguid Mahmud, es werde gegen Adli, gegen den früheren Tourismusminister Soheir Garranah, den Ex-Wohnungsminister Ahmed al-Maghrabi und Ahmed Ess ermittelt, ein führendes Mitglied der Regierungspartei.

Diese dürften nicht ausreisen. Zudem seien ihre Bankkonten eingefroren worden. Diese Maßnahmen würden gelten, bis die Sicherheit wiederhergestellt sei und die Behörden Ermittlungen hätten vornehmen können, wer für die vergangenen Ereignisse verantwortlich sei, sagte der Staatsanwalt. Der neue Ministerpräsident Ahmed Schafik bestätigte die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Ex-Innenminister. Dieser war wegen seiner Rolle bei der Unterdrückung der Proteste in den ersten Tagen des Aufstands bei der Kabinettsumbildung am Montag von seinem Posten abgelöst worden.

Der neue Regierungschef Schafik sagte in Kairo, die Regierung werde das Gespräch mit den Demonstranten suchen. Außerdem kündigte er eine Bestrafung der Verantwortlichen für die nächtlichen Angriffe auf Regimegegner und eine Untersuchung der Vorgänge auf dem Tahrir-Platz in Kairo an. „Ich verspreche, die Ergebnisse werden offengelegt“, versicherte er in einer vom ägyptischen Fernsehen übertragenen Rede. Die Angreifer hätten auf dem Platz gezielt Gewalt angewendet. Ihr Ziel sei es gewesen, Öl ins Feuer zu gießen. „Es ist nicht akzeptabel, dass Bruder gegen Bruder kämpft.“

Schüsse in Kairo

Bei den Straßenschlachten zwischen Gegnern und Anhängern von Staatspräsident Husni Mubarak kam es am Donnerstagnachmittag in Kairo zu einer heftigen Schießerei. Mindestens ein Mensch wurde weggetragen. Aus mehreren Teilen der Stadt und aus Vorstädten wurden Brände gemeldet. Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Nach Angaben von Rettungskräften wurde ein Ausländer auf dem Tahrir-Platz zu Tode geprügelt.

Die Lage im Zentrum von Kairo war schon zuvor sehr angespannt. Gegner und Anhänger von Staatspräsident Husni Mubarak lieferten sich erneut Straßenschlachten und bewarfen sich am Tahrir-Platz gegenseitig mit Steinen. Die Streitkräfte, die am Vormittag zwischen den verfeindeten Lagern in Stellung gegangen waren, schritten zunächst nicht ein.

Am Vormittag räumten vier Panzer eine Überführung am Tahrir-Platz, von der Mubarak-Anhänger Steine und Brandsätze auf Demonstranten geschleudert hatten. Soldaten bezogen Position zwischen den verfeindeten Lagern. Sie gaben zunächst Warnschüsse ab. Hunderte weitere Soldaten bewegten sich auf die Kampfzone am Nordrand des Platzes, der seit Tagen der zentrale Versammlungsort der Opposition ist, in der Nähe des Ägyptischen Museums zu.

Der ägyptische Vizepräsident Omar Suleiman drängte am Donnerstag die Gegner des Regimes zur Vorbereitung der Wahl eines Nachfolgers von Mubarak im August oder September. „Die Zeit drängt“, sagte Suleiman.

Der Friedensnobelpreisträger Mohamed el-Baradei lehnt ein Verhandlungsangebot der Regierung ohne Vorbedingungen ab. Er fordert, zuerst müsse Mubarak sein Amt niederlegen. Zudem müsse vor jeder Verhandlung die Sicherheit auf dem Tahrir-Platz wiederhergestellt werden.

Die islamistischen Muslimbrüder sind nach Angaben von Vizepräsident Suleiman zu einem Treffen mit Regierungsvertretern eingeladen worden, zögerten aber. Die Gruppe ist eine der wichtigsten Oppositionskräfte. Ein Sprecher der Muslimbruderschaft sagte, man lehne Vereinbarungen ab, die sich aus Verhandlungen mit der Regierung ergeben könnten. Für Freitag hat die Opposition zu Großdemonstrationen aufgerufen.