Schlechte Sozialbilanz bei „Puma“: Puma springt zu kurz

Die Ökobilanz des Sportartikelherstellers „Puma“ kann sich sehen lassen, die Sozialbilanz ist jedoch mangelhaft. Der Vorwurf: Das Unternehmen zahlt Zulieferern nur Hungerlöhne.

Öko aber unsozial: Puma-Schuhe. Bild: dpa

BERLIN taz | Man kann jetzt Sportschuhe auch aus Müll herstellen. Wie bitte? Mit dieser Ansage geht die Sportartikelfirma Puma neuerdings ins Rennen um ökoinspirierte Konsumenten. Das Schuh-Modell „Re-Suede“ besteht zum guten Teil aus recyceltem Polyester. Vorteil: Energieverbrauch und CO2-Ausstoß bei der Produktion sinken um 80 Prozent. Hinzu kommen verschiedene natürliche Materialien, zum Beispiel „Reishülsen“ statt Gummi. Dass man seine Treter aufessen kann, um sie rückstandslos zu entsorgen, verspricht Puma nicht. Noch nicht.

Mit einer gewissen sympathischen Großmäuligkeit erklärt Puma, dass man das „begehrteste und nachhaltigste Sportlifestyle-Unternehmen der Welt“ sein wolle. Diesem Ziel ist die Firma im bayerischen Örtchen Herzogenaurach, wo auch der größere Konkurrent Adidas sitzt, nun wieder etwas näher gekommen. Die britische Beratungsfirma Eiris hat Puma vor Adidas auf Platz 1 der „globalen Nachhaltigkeitsführer“ gesetzt. Begründung: Das Unternehmen kümmere sich ganz besonders um Umweltschutz und vernünftige Arbeitsbedingungen bei seinen Lieferanten in Entwicklungsländern.

Solche Ansagen lassen aufhorchen – besonders vor medialen Großereignissen wie der Fußball-EM oder dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro Ende Juni. Dann richtet sich der Scheinwerfer des öffentlichen Interesses manchmal auch auf die beteiligten Konzerne. Sie müssen erklären, ob sie wirklich sozial und ökologisch verantwortlich arbeiten. Entstehen Zweifel, gibt es Image-Minuspunkte, die die Firmen möglichst vermeiden wollen.

Für die Fußball-EM in Polen und der Ukraine (8. 6. -1. 7) rüstet Puma die Mannschaften von Italien und Tschechien aus. Mario Gomez und Marco Reus spielen für die deutsche Elf in Puma-Schuhen.

Beim Umweltgipfel in Rio de Janeiro (20.-22. 6.) stehen Konzerne im Fokus. Sie sollen erklären, wie sie Wertschöpfung, Umweltschutz und soziale Entwicklung verknüpfen.

Im Test auf Glaubwürdigkeit kommt Puma erst mal gut weg. In mancher Hinsicht sind die Leute mit dem Raubkatzen-Logo tatsächlich Vorreiter. Beispielsweise erstellten sie unlängst eine detaillierte Kostenliste der eigenen Öko-Sauereien. „Rund 145 Millionen Euro müsste Puma eigentlich an die Natur bezahlen, um Schäden auszugleichen. Dafür gibt es aber heute kein internationales Verfahren“, sagt Puma-Nachhaltigkeitsexperte Reiner Hengstmann. Die Summe von 145 Millionen beinhaltet Beeinträchtigungen durch den Ausstoß tausender Tonnen klimaschädlichen Kohlendioxids und den Wasserverbrauch in Pumas globaler Produktionskette.

Solche Zahlen müsste die Firma nicht veröffentlichen. Sie tut es trotzdem, auch im Vorgriff auf eventuelle künftige Welt-Umweltgesetze. Davon gibt es zwar bisher kaum welche. Sollten sie aber doch mal kommen, will man vorbereitet sein, um unter veränderten Bedingungen in der Gewinnzone zu bleiben. So ist die firmeneigene Umweltpolitik nicht nur Image- und Markenpflege, sondern auch betriebswirtschaftliche Risikovorsorge. Dass Puma schwört, seinen ökologischen Fußabdruck Jahr für Jahr zu reduzieren, ist da schon fast eine Selbstverständlichkeit.

Nicht ausgeräumte Vorwürfe

Schwieriger als das Umweltthema ist für Puma und viele andere transnationale Konzerne aber die soziale Frage. Hier bekommen sie immer wieder Vorwürfe zu hören, die sie oft nicht ausräumen können. Auch darum geht es bei der Rio-Konferenz der UN über nachhaltige Entwicklung, die am 20. Juni in Brasilien startet. „Grüne Wirtschaft“ wird mittlerweile definiert als Kombination aus Umweltschutz und Armutsbekämpfung.

Wie hält es Puma mit der sozialen Gerechtigkeit? Wie geht es den Arbeiterinnen und Arbeitern, die in hunderten Zulieferfabriken in aller Welt für Puma nähen und kleben – unter anderem in China, Vietnam, Bangladesch und El Salvador? Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero (CIR) formuliert harte Vorwürfe: „Puma lässt zu Hungerlöhnen produzieren. In der Regel reicht das Geld nicht, um die Grundbedürfnisse der Arbeiterfamilien zu erfüllen.“ Gerade erst hat ein britischer Partner von CIR wieder eine Studie veröffentlicht, die die vermeintlich fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Bangladesch dokumentiert. Pflaums Schlussfolgerung: „Puma handelt unethisch.“

Dagegen argumentiert Puma-Manager Hengstmann: „Arbeiterinnen in Zulieferfirmen von Puma in China, Vietnam oder Bangladesch verdienen zum Teil mehr als den staatlich festgesetzten Mindestlohn. In Bangladesch liegen die Verdienste nicht selten beim Doppelten.“ Trotzdem sei das Geld nicht genug, hält CIR-Mann Pflaum dagegen. Um den Beschäftigten zu ermöglichen, das Nötigste zu bezahlen, ein paar Ersparnisse zu bilden und die Kinder zur Schule zu schicken, solle Puma ein sogenanntes „living wage“ einführen, einen menschenwürdigen Basislohn. Um dieses Zugeständnis jedoch drückt sich nicht nur Puma herum, sondern auch der Großteil der anderen Konzerne.

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