Bürgerinitiativen kritisieren Schließungsplan für die Asse

ATOMMÜLL Option „Vollverfüllung“ entpuppt sich als Flutung. Kritiker werfen Bundesamt Täuschung vor

HANNOVER taz | Zwischen den Bürgerinitiativen rund um das marode Atommülllager Asse und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gibt es Streit über die endgültige Stilllegung des ehemaligen Salzbergwerkes. Das Bundesamt prüft derzeit drei Option zur Stilllegung der Asse, die sogenannte „Vollverfüllung“ des Bergwerks, die Umlagerung des Atommülls in tiefere Bergwerksbereiche und dessen Rückholung an die Erdoberfläche. Der Asse-Koordinationskreis forderte das Amt am Montag auf, die preiswerteste Variante, die „Vollverfüllung“, aus dem Optionenvergleich auszuschließen.

Nach Auffassung der Bürgerinitiativen steht dieses Konzept in Wahrheit für die Flutung großer Teile des Bergwerkes mit Salzlauge. Eine Stilllegung des Atommülllagers durch Flutung plante bereits der ehemalige Betreiber Helmholtz Zentrum. Bislang waren das BfS und auch das Land Niedersachsen gegen eine Flutung der Grube, weil dabei Radioaktivität in Lösung geht und später aus dem Bergwerk ausgepresst wird.

Der Sprecher des Asse-Koordinationskreises, Frank Hoffmann, warf dem Amt am Montag in Hannover Etikettenschwindel vor. „Sämtliche Hohlräume würden mit Beton verfüllt“, heiße es etwa in der BfS-Informationsschrift. Nach einer vom BfS in Auftrag gegebenen Studie solle das Bergwerk jedoch bis zur 700-Meter-Sohle mit Salzlauge geflutet und erst darüber mit Salzbeton gefüllt werden. In der Asse lägen jedoch fast alle Kammern mit Atommüll unterhalb der 700-Meter-Sohle. In den unteren Bereich des Bergwerks sollten insgesamt 500.000 Kubikmeter Salzlauge gepumpt werden.

Bereits 60 Jahre nach der Flutung könne sich Radioaktivität aus dem Salzstock in das umgebende Gestein ausbreiten, sagte Ingenieur Hoffmann. Die nasse Vollverfüllung könne nicht einmal mittelfristig die Radioaktivität von der Biosphäre fernhalten und führe in absehbarer Zeit zu einer Gefährdung der Bevölkerung. „Die Flutung ist das Gegenteil eines sicheren Konzeptes.“

Das Bundesamt für Strahlenschutz wies den Vorwurf des Etikettenschwindels zurück. Man habe bereits im Herbst darauf hingewiesen, dass bei der Vollverfüllung der untere Teil des Bergwerks mit einer Magnesiumchloridlösung geflutet werde, die das Salz nicht angreife und Grundwasser fernhalten solle, erklärte das Amt.

Nach Angaben des Koordinationskreises will das BfS die Ergebnisse seiner Bewertung der verschiedenen Optionen am 15. Januar zunächst der Asse-Begleitgruppe präsentieren. JÜRGEN VOGES