Wenig Licht bei Schattenbanken

KRISE EU legt Vorschläge zur Regulierung von Geldmarktfonds vor. Experten und Politiker sind enttäuscht: „Unzureichend“, findet sie Finanzminister Schäuble. „Brüssel knickt vor Lobby ein“, sagen die Grünen

BRÜSSEL taz | Raus aus dem Schatten – rein in die Regulierung: Die EU-Kommission will künftig Schattenbanken stärker kontrollieren. Die neuen Regeln sollen die jahrelangen Bemühungen von USA und EU krönen, den Finanzsektor nach dem Zusammenbruch der Lehman Brothers an die kurze Leine zu nehmen. Es dürfe nie wieder zu einem Bankencrash kommen, bei dem „Staaten, Regierungen und Bürger für das Reparieren der Schäden am Finanzsystem verantwortlich sind“, kündigte die EU-Kommission an. Der Steuerzahler solle nicht mehr für Fehler der Spekulanten zahlen.

Doch Experten und Politiker aller politischen Lager enttäuscht der Entwurf, den Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel vorlegte. Einhellige Kritik: Er bringt nur wenig Licht in das Dunkel der Schattenbanken (Hedgefonds, Geldmarktfonds, spezialisierte Finanzunternehmen), die mit einer Bilanzsumme von etwa 51 Milliarden Euro fast die Hälfte des offiziellen regulierten Bankensektors ausmachen.

Auch dass Barnier weiter Geldmarktfonds erlauben will, findet wenig Anklang: Sie gelten als besonders krisenanfällig. Die Fachwelt hatte wiederholt für ein Verbot jener Fonds geworben, die einen festen Rückkaufswert für ihre Fondsanteile garantieren, sogenannte CNAV Fonds.

Barnier setzt stattdessen auf Regeln für Liquidität und Stabilität. So sollen künftig höchstens 10 Prozent des Portofolios eines Fonds aus täglich fälligen Papieren bestehen dürfen. Dann wären die Fonds besser für den Fall gewappnet, dass Investoren kurzfristig Mittel von ihnen abziehen wollen. Früher war es deswegen zu Crashs gekommen.

Der vorgesehene Puffer sei nicht groß genug, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Barnier sei offenbar in der Sommerpause gegenüber der Finanzlobby eingeknickt. „Die EU-Kommission wertet damit die Geschäftsinteressen der in den Steueroasen Luxemburg und Irland ansässigen Fonds höher als das Gemeinwohlinteresse der Finanzmarktstabilität.“

Kritik kam auch aus Berlin. Die EU-Pläne seien „unzureichend“ und fielen hinter die Empfehlungen des Finanzstabilitätsrates (FSB) der G-20-Länder zurück, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Schäuble und sein französischer Amtskollege Pierre Moscovici hätten am Dienstag in einem Brief an Barnier noch ausdrücklich klargemacht, dass es von „absoluter Wichtigkeit“ sei, die Empfehlungen des FSB eins zu eins umzusetzen. Diese sind auch Thema beim am Donnerstag beginnenden G-20-Gipfel in Sankt Petersburg. ERIC BONSE