Ökologie-Anteil in Produktionen: Die Zerlegbarkeit eines Smartphones

Die EU-Kommission diskutiert, für Produkte Vorschriften über Recycling-Anteile und ähnliches zu erlassen. Der Industrie passt das gar nicht.

Der eine wäscht ständig, der nächste nicht. Wie misst man Langlebigkeit? Bild: dpa

BERLIN taz | Wie viel Staat ist nötig, um Unternehmen zu effizienter Produktion zu bewegen, was regelt der Markt? Diese Diskussion wird 2014 schärfer werden, weil die routinemäßige Überarbeitung der Brüsseler Ökodesign-Richtlinie ansteht.

Bislang hat sich die EU-Kommission auf den Stromverbrauch von Elektrogeräten konzentriert; nun wird diskutiert, welche anderen für die Umwelt bedeutsamen Aspekte noch integriert werden sollen: Möglich wären Materialeinsatz und Haltbarkeit oder wie leicht ein Produkt repariert werden kann. Oder Vorschriften, wie viel Recyclingmaterial in einer Bohrmaschine enthalten sein oder wie schnell ein Smartphone zerlegbar sein muss.

Einen Vorgeschmack auf die Debatte liefern jüngst wirksam gewordene Verordnungen: „EU knöpft sich Staubsauger vor“, schrieb die FAZ, Abgeordnete der CDU im EU-Parlament geißeln die „Regelungswut“ der EU. Unvergessen der Kulturkampf um die Glühbirne.

Die künftigen Konfliktlinien wurden bei einem Fachgespräch deutlich, zu dem das Umweltministerium (BMU) jüngst nach Berlin eingeladen hatte: Die Ökodesign-Richtlinie habe sich als funktionstüchtig erwiesen, sagte Jan Berger vom verantwortlichen Referat des BMU dort. Sie ermögliche flexible Regelungen für jede Produktgruppe. Auch Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hält die Richtlinie „für sehr wirkungsvoll und ein Erfolgskonzept, um den Energieverbrauch zu senken“.

Doch bei vielen Produkten, etwa Handys oder Fernsehern, sei der Stromverbrauch bei der Nutzung nicht das Hauptproblem. Egal ob Energie, Metalle, Wasser – oft würden die meisten Ressourcen in der Herstellung verbraucht. „Hier brauchen wir neue Kriterien“, so Buschmann.

Ein Kunststoffatom verrät nichts

Das sieht die Industrie ganz anders. Wie etwa die Langlebigkeit eines Produktes gemessen werden solle, fragte Heike Minich vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. Schließlich benutze der eine seinen Staubsauger ständig, der andere selten. Und entsprechend mehr oder weniger haltbar sei das Gerät. Wie solle der Anteil von Recyclingmaterial in einem Produkt gemessen werden? „Ein Kunststoffatom verrät nicht, ob es aus Erdöl oder Rezyklat stammt“, so ein Teilnehmer. Ein umfangreiches Zertifizierungswesen werde nötig.

„Grüne Produkte lassen sich heute verkaufen“, so Minich. Unternehmen stünden in einem globalen Wettbewerb, der sie zu einer ressourceneffizienten Produktion zwinge. Sprich: Weitere Vorschriften sind unnötig, der Markt drängt die Industrie in die richtige Richtung.

Recyclingkunststoffe in ausreichender Menge und Qualität würden gar nicht angeboten, kritisierte Andreas Quett vom Mischkonzern Robert Bosch. Das fange bei der Farbe an: Rein weißer Recyclingkunststoff sei auf dem Markt nicht verfügbar.

Endlich funktionierende Wertstoffgesetze

Auch könnten die Recycler nicht garantieren, dass ihre Sekundärrohstoffe frei von Schadstoffen seien, so Quett. Der Gesetzgeber schreibe aber vor, nur solchen Kunststoff einzusetzen. Um Produkte umweltfreundlicher zu machen, brauche man kein Ökodesign, sondern eine leistungsfähigere Recyclingbranche und endlich ein funktionierendes Wertstoffgesetz.

Beides sei nötig, sagt Michael Schneider vom Lünener Entsorger Remondis. Die Industrie setze nur 14 Prozent Recyclingmaterial ein. Diesen Anteil könne man nur mit einer Konstruktion steigern, die die Verwertung schon mitdenke – also Ökodesign. So werde etwa das Metall Germanium in Smartphones hauchdünn aufgedampft und sei dann später kaum wiederzugewinnen. Aber auch bessere Sammelstrukturen und weniger Kapazitäten in Müllverbrennungsanlagen seien ein Anreiz.

Den Schwarzen Peter reicht die Recylingbranche an die Industrie zurück: „Was die Industrie fordert, liefern wir“, sagt Peter Kurth, Präsident des Bundesverbandes der Entsorgungswirtschaft. Entsprechend den Vorschriften zertifizierte Rohstoffe seien längst üblich. Probleme seien durch die Gerätehersteller verursacht, sagt die Toxikologin Beate Kummer. „Wenn die Kunststoffhersteller keine giftigen Schwermetalle einsetzen, dann tauchen sie auch nicht in der Reyclinganlage auf.“

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