Obamas Revolution: Wahlkampf 2.0

Barack Obama hat das US-amerikanische Wahlsystem für immer verändert. Seine Wahlmaschine nutzte Internet und Netzwerkeffekte und lässt die bislang gefürchteten Republikaner schlicht alt aussehen.

Ständig präsent: Obama überall auf Youtube - und sonst im Netz. Bild: screenshot youtube.com

BERLIN taz Der Mann ist schwarz und füllt Stadien wie einst die Beatles, richtig? Alles um Obama ist historisch, er ist der verkörperte US-amerikanische Einwanderertraum? Auch richtig.

Und er ist nebenbei der erste klassische linke intellektuelle Nordstaatler seit vermutlich Abraham Lincoln, der zum Präsidenten gewählt wird - kein Südstaaten-Demokrat wie Bill Clinton oder Lyndon B. Johnston. Ein schwarzer Rechtsanwalt aus Chicago ist so ziemlich das Exotischste, was dem gefürchtet konservativen Wahlvolk der USA vorgesetzt werden konnte. Noch dazu in Kriegs- und Finanzkrisenzeiten.

Deshalb hatte ihn ja auch niemand auf der Rechnung. Wie hat Barack Hussein es dennoch geschafft?

Mit Charme allein hätte selbst Elvis nicht 187 von 213 Millionen wahlberechtigten US-Amerikaner zur Registrierung für die Wahl gebracht. Aber mit einer wahrhaft modernen Organisation.

In Jahren nicht verdaut

"Wir werden Jahre brauchen, um diese Wahl zu analysieren", sagt Bushs damaliger Wahlkampfberater Mark McKinnon. "Die jahrelange Kampagne hat das Internet als Hebel benuzt, wie es sich keiner vorstellen konnte."

Obama nutzte das Internet, um Spenden zu sammeln. Er hatte nicht nur von Anfang an eine top-aktuelle Website mit seinen Reden, das hat heute jeder. Er nutzte YouTube für seine Werbespots, er personaliserte die Anspache auf einzelne Emailnutzer, er reagierte binnen Minuten auf Wellen in der Bloggerszene, er konterte die grassierenden Lügen und Verschwörungstheorien, er bewirkt Netzwerkeffekte.

John McCain und seine Wahlkampfzentrale konnten in keiner Weise folgen. Zur Erinnerung: Beim Wahlkampf 2004 gab es YouTube noch überhaupt nicht, Web 2.0 kannte kein Schwein.

Dabei bauten die Obama-Leute auf die ersten Erfahrungen des damaligen links-demokratischen Präsidentschaftskandidaten Howard Dean auf. Der hatte 2004 mit seiner Internetkampagne vor allem bei jüngeren Wählern Punkte und Spenden gesammelt.

Obamas Kampagne ist "Apollo 11"

Allerdings: "Wir waren 2004 die Gebrüder Wright, die Obama-Kampagne war Apollo 11", so Joe Trippi, damals Wahlkampf-Manager von Dean.

Die Gebrüder Wright gelten Amerikanern als Erfinder der ersten Flugzeuge, Apollo 11 war die Verwirklichung des John F.-Kennedy-Traums vom Menschen auf dem Mond. Und unter Kennedy machen es die Obama-Vergleiche ja nicht mehr.

Im Bezug auf den Wahlkampf ist das auch gerechtfertigt. Terry Nelson, der politische Direktor der Bush-Kampagne 2004: "Es ist eine grundsätzliche Veränderung des Wahlkampfs." Und die Wähler verändern sich mit: Sie sind skeptischer, überpürfen die Werbespots sofort auf ihren Wahrheitsgehalt, verschicken originelle Ads und den nächsten Obama-Auftritt im lokalen Stadion an Freunde und so weiter.

Diese Technik wid künftig jeder in den USA nutzen, vom Senator in einem Bundesstaat bis zum Präsidentschaftskandidat. Allerdings: "Ohne einen Kandidaten, der die Leute begeistert", so der Obama-Wahlkämpfer David Plouffe, können Sie die beste Strategie und Maschinerie aller Zeiten haben - und es wird nichts nützen".

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