Sieg für Textilarbeiter in der Türkei: Jeans-Bleiche mit Sandstrahl verboten

Beim Jeans-Bleichen mit Sandstrahl ohne Schutzkleidung sind in der Türkei nach Ärzte-Schätzungen bis zu 5000 Arbeiter erkrankt. Nun schritt die Regierung ein.

In der Türkei gebleicht? Jeans. Bild: dpa

Nach heftigen Protesten und einer ausführlichen Berichterstattung in türkischen und internationalen Medien hat die türkische Regierung jetzt die Ausbleichung von Jeans mit Sandstrahlern verboten. Die sogenannten stone-washed Jeans wurden bislang dadurch produziert, dass ungelernte, oft jugendliche Arbeiter die fabrikneuen Jeans mit einem Sandstrahlgerät bearbeiteten und damit die Jeans ausbleichten und geschmeidiger machen. Bei dieser Arbeit, die fast immer ohne die notwendige Schutzkleidung zumeist von Hinterhoffirmen durchgeführt wurde, sind nach Schätzungen von Lungenärzten in den letzten Jahren bis zu 5.000 Arbeiter an Silikose erkrankt, eine Lungenkrankheit, die in vielen Fällen zum Tode führt (siehe taz vom 30. März 2009).

Bei der Arbeit mit dem Sandstrahler werden winzige Quarzpartikel freigesetzt, die sich in der Lunge festsetzen und dort zu so schweren Schäden führen können, dass der Betreffende am Ende erstickt. Da in der Türkei, als einem der größten textilproduzierenden Länder weltweit, Millionen von Jeans hergestellt werden, die auch in den Export gehen, hatte das türkische Gesundheits- und Sozialministerium das Problem lange ignoriert oder zu bedauerlichen Einzelfällen heruntergeredet. Dagegen waren sowohl die Textilarbeitergewerkschaft wie auch ein Komitee, in dem sich Betroffene, Ärzte und Anwälte zusammengefunden hatten, seit Monaten Sturm gelaufen. Ende letzten Jahres waren türkische Medien auf das Problem erstmals aufmerksam geworden. Danach entwickelte sich eine regelrechte Protestwelle gegen die Regierung. Lungenärzte forderten das Verbot des Einsatzes von Sandstrahlern zur Jeansaufhellung und begannen, die Einzelfälle genau zu dokumentieren und eine landesweite Liste zu erstellen.

Jetzt musste auch Gesundheitsminister Recep Akdag einräumen, dass bereits mindestens 40 junge Leute an Silikose gestorben sind und hunderte weitere praktisch nur noch auf ihren Tod warten. Viele der jungen Leute die in den Hinterhofklitschen zumeist in Schwarzarbeit Jeans ausbleichten, stammen aus armen Dörfern im Osten der Türkei. Weil die gefährliche Arbeit mit umgerechnet 300 Euro im Monat nach osttürkischen Maßstäben gut bezahlt wurde, drängten sich etliche Jugendliche in diese Jobs. Nachdem sie erkrankten, gingen viele zu ihren Familien ins Dorf zurück und warten dort darauf zu sterben. Hilfe bekamen sie bislang keine, es gibt Dörfer, in denen 20 bis 30 erkrankte Jeansarbeiter leben. Außer einer Lungentransplantation gibt es für die Krankheit keine echte Therapie. Die ist sehr kostspielig. Anfang der Woche wurde deshalb das Verbot der Sandstrahlung von Jeans verkündet, nun sicherte die Regierung außerdem zu, dass Betroffene, die nicht versichert waren und nachweisen können, dass ihre Erkrankung von der Arbeit mit Sandstrahlern hervorgerufen wurde, eine Rente erhalten sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.