Eine Herzensbrecherin könnte Berlusconi das Genick brechen

ITALIEN Mailands Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen Premier wegen Sex mit der minder-jährigen Prostituierten „Ruby Rubacuori“ wieder auf. Das erste Treffen mit Silvio B. fand demnach am Valentinstag statt

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Verkehr mit einer minderjährigen Prostituierten sowie Nötigung unter Ausnutzung seines Amtes: Dies sind die neuen Vorwürfe, die die Mailänder Staatsanwaltschaft gegen Silvio Berlusconi erhebt. Der Regierungschef soll demnach im Frühjahr 2010 mehrmals mit der damals 17-jährigen Karima El Maroug alias „Ruby Rubacuori“ (Ruby Herzensbrecherin) zusammengetroffen sein. Im Mai 2010 dann, als Ruby unter Diebstahlsverdacht und ohne Papiere festgenommen wurde, ließ Berlusconi im Mailänder Polizeipräsidium anrufen und erklären, das Mädchen sei „die Nichte des ägyptischen Präsidenten Mubarak“ und erzwang ihre Freilassung.

Seit das Immunitätsgesetz zugunsten des Regierungschefs in weiten Teilen außer Kraft gesetzt ist, schlagen die Staatsanwälte zu. Sie schickten Berlusconi eine Vorladung für eine Anhörung in den Tagen vom 21. bis zum 23. Januar. Und sie teilten mit, einen „unmittelbaren Prozess“ für den 21. März ansetzen zu wollen. Auf Verkehr mit einer minderjährigen Prostituierten stehen sechs Monate bis drei Jahre Haft, auf Nötigung gar vier bis zwölf Jahre.

Die Staatsanwaltschaft glaubt beweisen zu können, dass Ruby sich im Zeitraum Februar bis Mai 2010 mehrfach in Berlusconis Villa in Arcore bei Mailand aufgehalten hat. Das erste Mal kam sie zum Valentinstag. Vom 24. zum 26. April war sie gleich drei Tage Gast Berlusconis. Am 25. abends stieß auch Vladimir Putin zu der fröhlichen Runde. Gesichert ist ebenfalls, dass das Mädchen Geld erhielt – nach eigenen Aussagen 7.000 Euro. Sie selbst hat bisher immer erklärt, nie mit dem Regierungschef geschlafen zu haben und bloß deshalb Geld bekommen zu haben, weil der Premier ihr aus „familiären Schwierigkeiten“ heraushelfen wollte; zudem sei Berlusconi davon ausgegangen, dass sie 24 Jahre alt sei.

Berlusconi tönte denn auch, die Staatsanwaltschaft wolle erneut „die Justiz als politische Waffe benutzen“; er selbst könne „es gar nicht abwarten, mich vor Gericht gegen solch absurde Anschuldigungen zu verteidigen“. Gegen ihn werde jetzt sogar der „neue Straftatbestand, ein privates Abendessen veranstaltet zu haben“, ins Feld geführt.

Doch Aussagen von Zeuginnen legen nahe, dass da ein bisschen mehr stattfand als ein privates Dinner: Eine junge Frau berichtete, die etwa 20 Mädchen hätten sich als Polizistinnen oder Krankenschwestern verkleiden müssen, alle allerdings „oben ohne“, und einen Striptease hinlegen müssen. Unter den Topless-Tänzerinnen war auch Nicole Minetti; Berlusconi ließ das Showgirl wegen ihrer großen Talente im letzten Jahr zur Regionalabgeordneten der Lombardei wählen.

In der Nacht vom 27. auf den 28. Mai 2010 schickte der Premier eben jene Nicole Minetti zum Polizeipräsidium, damit diese Ruby in Obhut nehme – ein Ansinnen, das bei Volljährigen absolut keinen Sinn hätte. Die Staatsanwalt geht deshalb davon aus, dass Berlusconi wusste, dass Ruby minderjährig war.

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