ERIC CHAUVISTRÉ ÜBER DEN AWACS-EINSATZ IN AFGHANISTAN
: Weiter im Blindflug

Das lächerliche Gerede vom Aufbaueinsatz hat eine neue Dimension erreicht

Es könnte so einfach sein. Die Bundesregierung erklärt Parlament und Öffentlichkeit: Es gibt in Afghanistan eine neue Strategie der US-Streitkräfte und auch der Nato. Der Einsatz von Bodentruppen wird verstärkt. In der Folge gibt es mehr sogenannte Luft-Boden-Operationen. Mit anderen Worten: Die Truppen geraten vermehrt in Kämpfe – und lassen sich im Zweifelsfall rausbomben. Solch ein kombinierter Luft-Boden-Krieg stellt höhere Anforderungen an die Luftraumüberwachung. Die Zahl der militärischen Flüge steigt. Da kann man die Awacs gut brauchen.

So könnte es sein. Ist es aber nicht. Die Bundesregierung beharrt stattdessen darauf, dass in Afghanistan erstens kein Krieg herrscht und sie zweitens – wenn es denn möglicherweise doch einen geben sollte – mit diesem auf keinen Fall etwas zu hat. So wie wir guten Deutschen den Afghanen seit Jahren mit dem Bau von Brücken, Brunnen und Schulen die Infrastruktur für blühende demokratische Landschaften gebracht haben, so wollen wir ihnen nun auch beim Aufbau eines Luftverkehrsnetzes helfen. Die eingesetzten Bundeswehrsoldaten werden präsentiert als reguläre Fluglotsen, die zufällig eine Uniform tragen, der Awacs-Einsatz wird als eine neue Form technischer Entwicklungshilfe dargestellt. Das lächerliche Gerede vom robusten Aufbaueinsatz hat eine neue Dimension erreicht.

Dies alles geschieht, weil die Bundesregierung sich nicht positionieren will. Steht sie nun zu dem militärischen Vorgehen der Nato in Afghanistan? Unterstützt sie die Entsendung von mehr Bodentruppen und die Ausweitung der Kampfeinsätze? Wenn ja, dann ist die Entsendung der Awacs konsequent – und sollte so begründet werden. Doch das hieße ja, offen über den Einsatz in Afghanistan zu sprechen. Und das ist offensichtlich nicht erwünscht, schon gar nicht so kurz vor einer Bundestagswahl. Dann lieber im politischen Blindflug weiter in Richtung neuntes Kriegsjahr.