Und noch ein Achsenproblem

Die Bahn hat eine neue Problem-Achse bei ICE-Zügen gefunden. Die Hersteller sind bisher ratlos

Es fehlen auf Dauer 40 ICE-T-Züge. Die Folge: volle Züge, Verspätungen und längere Reisezeiten

BERLIN rtr/taz ■ Millionen Fernverkehrskunden der Deutschen Bahn müssen auf absehbare Zeit weiterhin mit überfüllten Züge und längeren Reisezeiten rechnen. Bei ihren technischen Überprüfungen von ICE-Zügen haben Experten eine weitere Achse mit „Auffälligkeiten“ gefunden, wie Bahn-Chef Mehdorn mitteilte. Zuvor war bei den Inspektionen nach einem Radbruch in Köln Mitte des Jahres bei einem anderen Neigezug des Typs ICE-T ein Riss in einer Achse festgestellt worden.

„Es sieht heute so aus, dass wir in den nächsten sechs Wochen keine große Marscherleichterung bekommen“, sagte Mehdorn am Donnerstagabend mit Blick auf die aktuellen Probleme im Bahn-Reiseverkehr. „Es wird auf absehbare Zeit noch bei Behinderungen bleiben müssen.“ Er hoffe aber, dass bis zum reiseträchtigen Weihnachtsverkehr die Materialprobleme bewältigt seien.

Ausgangspunkt der aktuellen Behinderungen in Teilen des Fernreiseverkehrs der Bahn war ein Radbruch bei einem Zug des Typs ICE-3. Das Bundesmaterialamt konnte nach Mehdorns Worten bis heute aber nicht die Ursache des Problems benennen.

Nach dem Bekanntwerden des Risses bei einem Neigezug des Typs ICE-T begann die Bahn mit umfassenden Prüfungen ihrer ICE-Flotte und forderte von den Herstellern – maßgeblich Siemens, Bombardier und Alstom – klare Aussagen über die Folgerungen daraus. Insbesondere verlangt sie Klarheit darüber, welche Prüfintervalle man künftig einhalten müsse.

Darauf erhielt die Bahn laut Mehdorn bisher aber keine klare Antwort. Die Achse sei aus einem neuen Werkstoff gefertigt worden. „Die Industrie sagt, sie habe keine Erfahrung mit diesem Werkstoff“, sagte der Bahn-Chef. „Das hat uns auch ein bisschen verwundert.“

Von den nun begonnenen umfassenden technischen Prüfungen seien 70 Züge betroffen. Zudem werde aus eigenem Antrieb nun ein Prüfintervall von 30.000 Kilometern gewahrt – ursprünglich war von mehr als dem Zehnfachen ausgegangen worden. Damit fehlten auf Dauer etwa 40 ICE-T-Züge im Verkehr mit der Folge übervoller Züge, Verspätungen und längerer Reisezeiten, sagte Mehdorn.

Regressansprüche an die Industrie behalte sich die Bahn weiterhin vor.