G-20-Staaten wollen Bankgeheimnis lüften: Nur vier Steueroasen auf der Liste

Die G-20-Staaten einigen sich zwar darauf, unkooperative Staaten zu outen. Die wichtigsten Steueroasen werden allerdings nicht genannt - und so bleibt die "Schwarze Liste" extrem kläglich.

Die Steueroase Monaco hat schon eingelenkt, um nicht auf der schwarzen Liste zu stehen. Bild: dpa

BERLIN taz Steueroasen trockenlegen - diese alte Forderung sozial- und entwicklungspolitischer Organisationen haben sich die G-20-Staaten zu eigen gemacht. In London kündigten sie eine "schwarze Liste" für nicht kooperative Finanzzentren an. Diese hätten durch ihre Intransparenz erheblich zur Finanzkrise beigetragen. "Die Ära des Bankgeheimnisses ist vorbei", heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfels. Den angeprangerten Ländern drohen Sanktionen, etwa Abschlagsteuern auf Zahlungen und verschärfte Offenlegungspflichten für dort aktive Anleger und Finanzfirmen.

Der Klub der Industrieländer OECD, der Kriterien für Steueroasen aufgestellt hat, reagierte umgehend und veröffentlichte eine schwarze Liste. Doch darauf stehen nur vier Länder: Costa Rica, Malaysia, die Philippinen und Uruguay. Kein Wort von weitaus berüchtigteren Steuerparadiesen: der Kanalinsel Jersey etwa, auf die die kollabierte britische Hypothekenbank Northern Rock ihre Spekulationsgeschäfte ausgelagert hatte. Oder dem US-Bundesstaat Delaware, in dem die deutsche Pleitebank IKB ihre außerbilanziellen Vehikel betrieb. Oder den karibischen Kaimaninseln, die einem Großteil der Hedgefonds der Welt Unterschlupf bietet.

Die OECD begründete ihre überraschende Auswahl damit, dass sich nur diese vier Länder den "international vereinbarten Steuerstandards" verweigert hätten. Die Schweiz, Österreich und Luxemburg werden von der OECD zwar genannt - aber nicht als Steueroasen, sondern auf einer Liste von 38 Finanzzentren, die sich den Standards immerhin angeschlossen, sie aber noch nicht umgesetzt hätten. Die Kanalinseln, Hongkong und Macau tauchen gar nicht auf, wohl auf Druck der Briten und Chinesen. "Die Liste ist politisch manipuliert", urteilt der Grünen-Politiker Sven Giegold.

Bei Steuerexperten kommt ein Déjà-vu-Gefühl auf: Eine schwarze Liste hat es 2000 schon mal gegeben, ebenfalls erstellt von der OECD. Die Steueroasen sollten sich verpflichten, auf gezielte und begründete Anfragen hin Informationen über ausländische Steuerpflichtige rauszurücken. Für solche Anfragen aber brauchen Steuerfahnder eine konkrete Spur, in welchem der 40 bis 70 Steuerparadiese das gesuchte Geld sein könnte. Fast alle Steueroasen ließen sich auf diese äußerst bescheidene Auflage ein - und wurden wieder von der Liste gestrichen. Manche tauchen jetzt nur noch auf der "grauen Liste" derer auf, bei denen es mit der Umsetzung noch ein bisschen hapert. Mit Sanktionen müssen sie nicht rechnen.

Was ist nun das Neue am Londoner Beschluss? Die Schweiz gab darauf schon mal eine Antwort: "Das Bankgeheimnis bleibt bestehen, und einen automatischen Informationsaustausch lehnen wir entschieden ab", erklärte Wirtschaftsministerin Doris Leuthard. Nur "im Einzelfall und auf konkrete Anfrage" werde man künftig Auskunft erteilen. Mehr hat die G 20 ja auch nicht gefordert.

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