Demo gegen Szeneladen geplant: Breiter Protest gegen rechts

Parteien und Antifa planen Demo gegen rechten Szeneladen in Schöneweide. Dessen Mieter ist Berlins NPD-Vize Schmidtke. Der Vermieter will ihn raushaben.

Auch eine Form des Protests: Unterwegs mit Jutetasche in Schöneweide. Bild: dapd

Gegen den rechten Szeneladen in Schöneweide formiert sich noch vor dessen Eröffnung Widerstand. Ein breites Bündnis von Berliner Parteien, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Antifa plant für Freitag eine Demonstration. In dem Laden in der Brückenstraße nahe der rechten Szenekneipe "Henker" sollen Naziklamotten verkauft werden. Angemietet wurden die Geschäftsräume vom Berliner NPD-Vize Sebastian Schmidtke.

"Für einen solchen Naziladen ist in der weltoffenen Stadt Berlin kein Platz", sagt Clara Herrmann, Rechtsextremismus-Expertin der Grünen. "Mein Wunsch ist ein gemeinsamer Aufruf zur Demonstration von Personen aus allen demokratischen Parteien. Unsere Landeschefs sind dafür offen. Wir werden das Stimmungsbild bei den anderen Parteien sondieren." Bei den Regierungsparteien SPD und Linke würde Herrmann offene Türen eintreten, wie die Sprecher der Landesverbände versichern. Sie planen ebenfalls, ihre Anhänger für Freitag nach Schöneweide zu schicken. Auf Ebene des Bezirks Treptow-Köpenick ruft auch ein überparteiliches Bündnis zur Demo auf. Angemeldet hat sie die Antifa.

Noch ist der Laden "Hexogen" in der Brückenstraße 9 nicht geöffnet. Auf der Website der Nazikneipe "Henker" wird dafür aber bereits seit Tagen geworben. "Alles für den Aktivisten" soll es demzufolge dort geben.

Vor dem Ladengeschäft werden T-Shirts und Hosen entladen und ins Innere geschafft, Paintball-Rüstzeug und Rucksäcke fürs paramilitärische Training warten in den Regalen auf Käufer. Nirgendwoanders in Berlin als in Niederschöneweide findet dieser Kram mehr potenzielle Käufer. Der Ortsteil ist die Berliner Hochburg des Rechtsextremismus. Auf der noch unfertig dekorierten Schaufensterscheibe des Ladens steht "Outdoor, Militär, Camping, Security". An der Tür gibt es einen Hinweis auf eine Videoüberwachung. Der Name "Hexogen" bezieht sich auf einen Sprengstoff, der im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen eingesetzt wurde.

Die Anmietung des Ladens durch den Berliner NPD-Vize Schmidtke bestätigte der Hausbesitzer der taz. Der stellvertretende Landeschef ist führender Kopf hinter der Kameradschaftsszene, Anmelder zahlreicher Nazidemos. Er wird auch mit der inzwischen indizierten Seite des Nationalen Widerstands Berlin in Verbindung gebracht.

Axel Kaufmann, Sprecher der Hausverwaltung, sagt: "Der rechtsextreme Hintergrund des Mieters war uns zum Zeitpunkt der Vermietung nicht bekannt. Ansonsten hätten wir Abstand davon genommen. Wir haben bereits einen Rechtsanwalt mit dem Ziel beauftragt, so kurzfristig wie möglich eine Räumung der vermieteten Fläche herbeizuführen." Die Grüne Clara Herrmann lobt das Verhalten des Vermieters. "Es wäre schön, wenn auch der Vermieter des ,Henker' sich endlich zur Kündigung durchringen könnte." Mit ihm, einer Immobiliengesellschaft aus Erlangen, ist Bezirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) seit zwei Jahren im Gespräch - ohne Erfolg.

Ein schnelles Ende des Naziladens wäre aber nur in Sicht, wenn Schmidtke freiwillig räumen würde. Damit rechnen Experten nicht. So könnte sich das juristische Verfahren Monate oder gar Jahre hinziehen. Besonders brisant: Im selben Haus betreibt ein freier Träger der Jugendhilfe eine Krisenwohnung. Dort sollen auch Jugendliche Schutz finden, die für rechtsextremes Gedankengut und entsprechende Artikel anfällig sind. Clara Herrmann: "Da kann ein Jugendamt nicht ernsthaft jemanden hinschicken. Der Laden ist eine zusätzliche Gefahr an dem ohnehin extrem sensiblen Ort." Der Laden drohe zu einem zusätzlichen Anziehungspunkt für Rechte zu werden. Berlin dürfe nicht zulassen, dass sich Nazistrukturen dort weiter verfestigten und sich andere Menschen nicht mehr auf die Straße trauten, sagt Herrmann.

Polizeisprecher Frank Millert bestätigt die Anmeldung der Demonstration in Schöneweide für Freitag um 18 Uhr. Seine Behörde befinde sich noch in Detailabsprachen mit dem Anmelder über die Route.

Aus Polizeikreisen ist zu hören, dass ein Großaufgebot im Einsatz sein wird, um Eskalationen zu vermeiden. Erst Ende Juni seien zwei Zivilpolizisten nach Polizeiangaben von vermummten Neonazis in Schöneweide massiv bedroht worden. Die Angreifer flüchteten in den "Henker", wo sie anschließend festgenommen wurden. Die Polizei fand dort "diverse Schlag- und Stichwerkzeuge".

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