Kommentar SPD: Becks beklemmende Rückkehr

Beck ist zurück - und ergeht sich in Abgrenzungsrhetorik zur Linkspartei. Mit ihm wird die Partei nicht über einen taktischen Stellungskrieg hinausfinden.

Was sagt jemand, der zwei Wochen schweigen musste? Im Falle von Kurt Beck: nicht viel. Der Auftritt des SPD-Chefs am Montag war so langweilig und so stockend, dass sich nur hoffen lässt, dass er nicht zum Kanzlerkandidaten gekürt wird. Haften blieben nur seine Tiervergleiche wie etwa die Selbsteinschätzung, dass die SPD-Mäuse nicht mehr so lebhaft tanzen werden, nun, da Kater Beck zurück ist.

Beck war es erkennbar wichtig, seinen Führungsanspruch zu betonen. Nur wohin will er seine Partei denn führen? Das blieb vage. Ihm war es wichtiger, die Linke als "gegnerische Partei" zu kennzeichnen, die angeblich "ohne Programm" dasteht.

Diese Abgrenzungsrhetorik war beklemmend, weil so deutlich wurde, dass die SPD unter Beck über einen taktischen Stellungskrieg nicht hinausfinden wird. Er scheint gar nicht zu sehen, dass seine Wähler andere Sorgen haben. Da droht eine Rezession, da schrumpft die Mittelschicht, da sinken die Reallöhne selbst im Aufschwung - aber die SPD wirkt seltsam unbeteiligt. Von konkreten inhaltlichen Ideen war bei Beck jedenfalls nichts zu hören. Offenbar glaubt er, dass es reicht, auf das "Hamburger Programm" zu verweisen, weil dort das Wort "Solidarität" vorkommt. Die SPD-Führung scheint Politik mit dem Brettspiel "Stratego" zu verwechseln, wo Taktik allein tatsächlich reicht, um zu gewinnen.

Die SPD-Führungsriege hat offensichtlich nie begriffen, wofür Hessens Wahlergebnis eigentlich steht. Mit einem dezidiert linken Programm haben die Sozialdemokraten dort 7 Prozent zugelegt. Die größte Sorge der Sozialdemokraten erwies sich damit als unbegründet: Die Linke ist keine Konkurrenz, die jenseits der Mitte alle SPD-Stimmen klaut. Stattdessen sind die sozialen Probleme inzwischen so drängend, dass für die Fantasie und die Vorschläge mehrerer linker Parteien Platz ist.

Umfragen zeigen, dass sich nur noch 23 Prozent der Deutschen keine Sorgen über ihre eigene Zukunft machen. Der große Rest fürchtet abzusteigen. Da wirkt es geradezu anachronistisch, dass die SPD krampfhaft in die "Mitte" drängt, in der sich angeblich die saturierten Angestellten sammeln. Diese Mitte gibt es kaum noch.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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