Petition gegen "Social Ads": Bürgerrechtler bekämpfen Facebook

Das soziale Online-Netzwerk Facebook will die Web-Werbung revolutionieren. Die Nutzer befürchten Überwachung - und fordern in einer Petition, die Privatsphäre zu achten.

Unter Druck: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Bild: ap

BERLIN taz Für Marketingprofis klingen die Möglichkeiten, die Facebook künftig in Sachen Online-Werbung bietet, verlockend: Das derzeit beliebteste aller sozialen Netzwerke stimmt Reklame genau auf kleinste Nutzergruppen ab, lässt User zu "Fans" von Produkten und Firmen werden und zeigt den Freunden eines Nutzers an, wenn dieser auf einer externen Website etwas eingekauft hat.

Die unter dem Begriff "soziale Werbung" (Social Ads) zusammengefassten Techniken sind allerdings teilweise derart radikal, dass sie bei den Nutzern für deutliches Unbehagen sorgen. Sie fürchten, von Facebook ausspioniert zu werden, schließlich lagern dort bereits jetzt zahlreiche persönliche Daten, die der Nutzer freiwillig eingegeben hat, um mit gleichgesinnten Usern in Kontakt zu kommen. Facebook, so scheint es, macht davon nun nach allen Regeln der Kunst Gebrauch - wenn auch die Firma stets betont, Informationen nur anonymisiert an Werbekunden weiterzugeben.

Wie stark das Grummeln unter den Facebook-Nutzern zu den neuen Werbeformen ist, war bislang nicht bekannt. Eine Petition, die die liberale Bürgerrechtsplattform "MoveOn.org" in den USA nun gestartet hat, liefert einen ersten Einblick: Innerhalb weniger Tage fanden sich über 10.000 Nutzer in eine Facebook-Gruppe ein, die das Respektieren der Privatsphäre der User fordert. Dabei geht es vor allem um zwei neue Facebook-Werbefunktionen, die vielen Nutzern Sorgen zu machen scheinen.

Die erste nennt sich "Facebook Beacon" und sorgte bereits bei der Vorstellung vor einem Monat für Schlagzeilen. "Beacon" heißt so viel wie Lichtsignal - und so ähnlich funktioniert die Technik auch. Immer dann, wenn man auf einer Facebook-Partnerseite bestimmte Aktionen durchführt - etwa das Kaufen eines Produktes, das Spielen eines Spiels oder diverse andere Arten von Webdienstleistungen nutzt -, wird dem User angeboten, diese Informationen auch an Facebook zu übertragen.

Wer beispielsweise auf der Website der Videothek Blockbuster einen Film in seine Favoritenliste aufnimmt, erhält ein kleines Fenster eingeblendet, in dem steht, dass diese Aktion nun dem Facebook-Profil hinzugefügt wird - und das taucht dann auch wieder im Nachrichtenstrom (Newsfeed) der Freunde des Nutzers auf, was die Werbewirkung laut Facebook verstärkt. Das Fenster scheint auf den ersten Blick nur zu informieren - allein ein kleiner Link mit der Aufschrift "Nein Danke" hält den Übertragungsprozess auf. Zudem ist die Funktion standardmäßig angeschaltet.

Die zweite von der "MoveOn.org"-Petition kritisierte Werbefunktion sind so genannte "Endorsements". Dabei wird das Bild und der Name des Nutzers direkt neben einer Werbebotschaft im Newsfeed platziert - im Beispiel mit der Videothek würde also neben der Information, dass der Nutzer den Titel zu seinen Favoriten zählt, auch gleich die Blockbuster-Reklame auftauchen. Name des Nutzers und Bild stehen dabei direkt neben der Werbung, was augenscheinlich so aussieht, als sei dieser eine Reklamefigur. Doch Geld wie Günther Jauch oder Thomas Gottschalk erhält der User dafür natürlich nicht - er wird von Facebook einfach für diese "Dienstleistung" herangezogen.

Facebook selbst wies die Kritik durch "MoveOn.org" und die Petition zurück. Man freue sich zwar über Rückmeldungen, doch die Organisation stelle "Beacon" falsch dar. Die Funktion gäbe Nutzern nur die Möglichkeit "relevante Informationen von anderen Websites mit ihren Freunden bei Facebook" zu teilen. Diese Daten erreichten außerdem nur eine "kleine Auswahl" von Freunden, nicht jedoch das ganze Web oder alle Facebook-Nutzer. Auch gebe Facebook "mehrere Möglichkeiten", solche Informationen nicht weiterzugeben.

Ein "MoveOn.org"-Sprecher sagte hingegen gegenüber dem US-Nachrichtendienst "InternetNews.com", dieses Argument sei "schwach". Facebook sage damit nur, dass Teilen dieser privaten Daten mit Hunderten oder Tausenden von möglichen Facebook-"Freunden" entspreche nicht der "Öffentlichkeit". "Erzählen Sie das mal jemanden, dessen gesamte Weihnachtseinkaufsliste jedem offengelegt wird, den er kennt oder dem Angestellten, dessen Chef jedes Buch oder jeden Film sieht, den er online bestellt." Tatsächlich gehen Nutzer mit ihren Facebook-"Freunden" recht locker um - es reichen wenige Klicks, um einen anderen User zu "befreunden".

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