Neues Nachrichtenportal zoomer: Kumpeliges Rumgeklicke

Zoomer.de richtet sich an junge Internet-User: mit wirrem Style und Kumpelton. Mitherausgeber ist Nachrichtenveteran Ulrich Wickert.

Bisschen wirr. Bild: screenshout zoomer.de

Die Revolution auf dem Markt der Onlinenachrichtenportale sieht gar nicht so revolutionär aus, zumindest nicht auf der Startseite. "Ich höre fremden Leuten gern beim Telefonieren zu", bekennt ein User. Und die ehemalige "Germanys Next Topmodel"-Kandidatin Fiona Erdmann wünscht sich in ihrer Videokolumne: "Van der Vaart soll ganz schnell gesund werden."

zoomer.de, das neue Nachrichtenportal der Holtzbrinck-Verlagsgruppe, möchte uns nicht nur eine - positiv ausgedrückt - sehr bunte Themensammlung präsentieren. Die Macher streben nach Höherem: nach einer "völlig neuen Informationslogik".

Seit Sonntagnacht ist zoomer.de online. Herausgegeben wird das Newsportal von Ulrich Wickert (ja, der von den "Tagesthemen") und den Tagesspiegel-Chefredakteuren Lorenz Maroldt und Stephan-Andreas Casdorff. Was nebenbei vielleicht eine Erklärung dafür sein könnte, dass der Tagesspiegel den Start von zoomer.de quasi weltexklusiv publik machen konnte, indem er bereits Mitte Januar ein Interview mit Ulrich Wickert über das neue Nachrichtenportal veröffentlichte - ohne darin zu erwähnen, dass der Tagesspiegel mit dem Projekt verbandelt ist.

Was zoomer.de von bekannten Nachrichtenportalen unterscheidet, ist zunächst einmal die bunte, betont junge und ein bisschen wirre Aufmachung. Videos, Audiodateien und viele Bilder statt viel Text. Die Zielgruppe sind die internetaffinen unter 35-Jährigen, die sich auf der Suche nach Information mehr oder weniger hektisch durchs Netz klicken. Etablierten Newsportalen wie Spiegel Online will man keine Konkurrenz machen, das könne man auch gar nicht, sagt Geschäftsführer Peter Neumann. Stattdessen setzt zoomer.de verstärkt auf von den Usern zugelieferte Inhalte. Sie sollen munter kommentieren und Texte, Bilder und Videos einschicken, um das Portal mitzugestalten. Aber die User dürfen noch mehr als ein bisschen Nachrichten selber machen: Sie entscheiden mit, welche Themen auf der Seite vorne und welche weiter hinten platziert werden. Um dieses System zu erklären, gab Geschäftsführer Neuman eine kurze Einführung in höhere Algebra: "Das Rankingverfahren auf der Startseite besteht aus einem Algorithmus aus Aktualitäts- und Interessenwert." Der Leser sagt also, was ihn interessiert, und die Redaktion sagt, was ihn aktuell interessieren müsste.

Was der User will, soll er kriegen. Das ist innovativ für ein Nachrichtenmagazin - und gewagt. Angst, mit seinem Portal in allzu seichte Themengewässer zu geraten, hat Neumann aber nicht: "Wenn das Userinteresse entscheidet, heißt das nicht, dass die Themen zwangsläufig flach und boulevardesk werden, das ist ein Vorurteil."

Dass man in einem jungen Nachrichtenmagazin die Leser auch unbedingt duzen muss, ist leider kein Vorurteil. Den kumpeligen Tonfall hat sich sogar "Mr Tagesthemen" schon angeeignet: In einem Vorstellungsvideo der Redaktion duzt uns der Uli schon ganz gekonnt.

Da die Zielgruppe so klar definiert ist, wundert es nicht, dass die Werbekampagne für das Nachrichtenportal ausschließlich online stattfindet. Unter anderem bei StudiVZ: Das erfolgreiche Onlinestudentennetzwerk gehört ebenfalls zum Holtzbrinck-Verlag und dürfte etwa die gleiche Zielgruppe haben wie zoomer.de. Dem Gerücht, dass beide Portale ineinander aufgehen werden, widersprach die Geschäftsführung jedoch vehement. Mit dem Tagesspiegel dagegen werde man zusammenarbeiten, schon weil die Inhalte teilweise aus der gleichen Redaktion kämen. Eine multimedial gepimpte Version der Zeitungsartikel im Internetportal also? Zoomer.de-Chef Frank Syré nennt es lieber "Themen auf zwei Kanälen verwerten".

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