Michael Jacksons posthumer Ruhm: Der Entertainer

Vor einem Jahr starb Michael Jackson. Sein Tod ließ ihn als Superstar wiederauferstehen.

Bis zuletzt ein großartiger Tänzer, ein passabler Sänger, ein perfektionistischer Musiker und vor allem ein disziplinierter Entertainer: Michael Jackson. Bild: ap

Michael Jackson ist seit einem Jahr tot und zugleich so lebendig wie selten zuvor. Zwar kommt kaum ein Artikel, der in diesen Tagen zu ihm erscheint, ohne die Aufzählung aller Vergehen und Perversionen aus, die man ihm oft ganz ohne Anlass unterstellte, doch hat sich das positive Bild verfestigt. Michael Jackson hat durch seinen realen Tod den Superstartod überwunden und ist wiederauferstanden. So hat sich der Erlös aus seinen Werken seit seinem Ableben so sehr gesteigert, dass selbst der gigantische Schuldenberg, den er Gerüchten zufolge hinterlassen hat, recht mühelos abgebaut werden kann. Wie die filmische Hagiografie "This is it" mit Aufnahmen von Proben wenige Tage vor dem Tod bewies, war er bis zuletzt ein großartiger Tänzer, ein passabler Sänger, ein perfektionistischer Musiker und vor allem ein disziplinierter Entertainer, der auf der Showbühne noch ein letztes Mal demonstrieren wollte, was die Welt an ihm hatte.

Der Tod erst vollendete dieses Vorhaben, verdrängte einen Großteil der üblen Nachrede, schuf erst den King of Pop, als der Michael Jackson zu Lebzeiten allzu gewollt erschien. Plötzlich hatte man ein Ohr für die Alben "HIStory" und "Invincible", plötzlich nahm man die Peter-Pan-Visionen dieses Künstlers ernst, ließ ihn endlich eingehen in seine selbsterschaffenen Märchenwelten. Der Mensch Michael Jackson wurde wie alle bekannteren Künstler mit der Bühnenfigur verwechselt, die er kreiert hatte. Und wie alle Künstler heutzutage ließ er es sich gefallen. Dass aber diese Verwechslung gegen ihn ausschlagen würde, dass er als Entertainer zu perfekt war, dass das Publikum - verdorben, wie es ist - hinter dem Entertainer unbedingt den ruinierten Star sehen wollte, der um Liebe buhlt, das wusste er, der die Medien sonst sehr genau zu bedienen wusste, nicht. Und es fiel ihn derart hart an, dass er nun seinerseits offensichtlich die Berichterstattung mit der realen Welt verwechselte, dass er selbst glaubte, jemand, der viele Millionen Exemplare von seinem neuen Album verkauft, könne dennoch gefloppt sein. Der Kampf des Entertainers Jackson gegen die Gesetze des neu entstandenen Infotainments war nicht zu gewinnen. Allerdings gab Jackson sich nie geschlagen. "This ist it" hätte auch heißen können: "This is me". Nun aber, auf Kosten seines Lebens, hat er den Kampf doch noch gewonnen.

Michael Jackson ist heute ohne jede Frage der King of Pop, er steht neben Elvis, unumstößlich, je länger er tot sein wird, desto entrückter wird sein Bild sein. Schon jetzt wird er geliebt für Künste, die er nie konnte - so wie er am Ende seines Lebens gehasst wurde, für Dinge, die er nie gesagt oder getan hatte. In der Welt des Infotainments gibt es keine gerechte Beurteilung. JÖRG SUNDERMEIER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.