Oppositions-Krise: "Viele sind bitter enttäuscht"

Das bürgerliche Lager zerfällt - nicht erst seit Uwe Woltemaths Bruch mit den Liberalen. Parteienforscher Lothar Probst über die Bremer Krise von CDU und FDP.

Als gäb's kein Morgen: Bremens CDU-Spitze ist voll gut drauf. Bild: Zier

taz: Herr Probst, müssen wir uns um den Parlamentarismus in Bremen sorgen?

Lothar Probst: Zunächst muss man sich um die Opposition sorgen machen - und eine gute Opposition gehört zum Parlamentarismus. Davon kann aber derzeit, mit Blick auf die Bremer CDU und FDP, die traditionell das bürgerliche Lager repräsentieren, nicht die Rede sein.

Das zerfällt.

Ja. Die zerlegen sich komplett. Und die Fraktionen sind nicht nur intern zerstritten, sondern sich auch gegenseitig noch spinnefeind. Eine kraftvolle Opposition kann es so nicht geben - und das tut dem Parlamentarismus nicht gut.

Das Erstaunliche ist: Die Streitigkeiten sind fast nur als Personal-Querelen wahrnehmbar - nicht als inhaltliche Debatten.

Das kann man von beiden behaupten: Die FDP ist bei der letzten Wahl gerade so in die Bürgerschaft gerutscht. Direkt nach der Wahl gab es schon bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden Streit. Danach hat der Zoff nicht aufgehört. Bei der CDU war der Rückzug von Bernd Neumann eine Zäsur, mit der die Partei nicht fertig geworden ist.

58, ist Professor am Institut für Politikwissenschaft und Geschäftsführer des Instituts für interkulturelle und internationale Studien der Uni Bremen.

Wieso, er hatte den Nachfolger doch selbst installiert?

Der Übergang ist trotzdem nicht geglückt. Neumann war derjenige, der den Laden zusammengehalten hat. Thomas Röwekamp fehlt dafür die nötige Autorität: Neumann hat zwar Röwekamp als Nachfolger inthronisiert - aber erst nachdem er Jens Eckhoff fallen gelassen hatte, der vorher sein Favorit war. Diese Grundkonkurrenz zwischen Röwekamp und Eckhoff wird die CDU nicht los - auch, weil sich der Vorsitzende offenbar für den Konflikt entschieden hat.

Was blieb ihm denn übrig?

Klüger wäre es wahrscheinlich gewesen, Eckhoff einzubinden. Von dem Konflikt jedenfalls profitiert keiner von beiden, wenn die CDU als Partei das Nachsehen hat.

Ungewöhnlich daran ist, dass es ja gerade kein Generationenkonflikt ist…

Den gibt es auch. Röwekamp hat den Fehler gemacht, die alten Kämpen von Bernd Neumann aus der Partei zu drängen und gleichzeitig Jens Eckhoff und dessen Getreue außen vor zu halten. Ein solcher Zwei-Fronten-Kampf konnte nicht gut gehen.

In einem derartigen Zustand lässt sich kein erfolgreicher Wahlkampf führen - oder gibt es Hoffnung auf Besserung?

Die FDP wird sich sehr anstrengen müssen, um überhaupt wieder ins Parlament einzuziehen…

… zumal es ja noch die Mitbewerberinnen geben soll, die auf dieselbe Klientel zielen?

Je mehr Bündnisse im selben Spektrum antreten, desto mehr fragmentiert das Lager. Viele aus dem traditionellen bürgerlichen Lager sind von CDU und FDP bitter enttäuscht. Die suchen nach Alternativen. Es ist also gut möglich, dass eins dieser Bündnisse reinkommt. Aber das bringt für dieses Lager keinen Gewinn.

Warum?

Weil eine fragmentierte Opposition keine Aussicht darauf hat, die Regierung zu stürzen. Der Zerfallsprozess im Bremer Parteiensystem verläuft ja gegenwärtig asymmetrisch: Rot-Grün steht, im Gegensatz zur Opposition, stabil zusammen - abgesehen von kleineren Reibereien. Ihre Listenaufstellung zur Wahl haben sie jedenfalls ohne größere parteiinterne Kontroversen durchgebracht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.