Iran unterstützt afghanische Regierung: Tüten voller Euro für Karsai

Schrille Töne zwischen Präsident Hamid Karsai und den USA. Neben dem Streit um Bargeld aus Teheran schwelt der Konflikt über die privaten Sicherheitsfirmen.

Unerwartete Nähe: Hamid Karsai und Mahmud Ahmadinedschad. Bild: dpa

DELHI taz | Es gibt Ärger in Kabul, viel Ärger: Es geht um ganze Tüten voller Euro-Noten, die der Iran dem afghanischen Präsidenten zukommen ließ. Sehr zum Missfallen der USA, die das bettelarme Land am Hindukusch mit Milliarden Dollar unterstützen und dem Iran feindlich gegenüber stehen.

"Nichts ist versteckt", alles sei "transparent", versicherte Präsident Hamid Karsai munter in Kabul, als sei er die personifizierte Unschuld. Das sei doch alles längst bekannt gewesen, und: "Die USA machen es doch genauso", so Karsai. Etwa 700.000 Euro "ein- oder zweimal in Jahr" soll Teheran für den Reptilienfonds des Präsidenten lockergemacht haben. Im neuesten Korruptionsindex von Transparency International steht Afghanistan auf dem vorletzten Platz.

Die Amerikaner waren wenig amüsiert. Man sei besorgt über den "negativen Einfluss" des Irans auf Afghanistan, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington. Der Iran goss noch Öl ins Feuer. Nachdem die Regierung zunächst Berichte über Bargeldhilfen als "falsch, lächerlich und beleidigend" dementiert hatte, selbst noch als Karsai sie schon bestätigte, schwenkte Teheran über Nacht um: "Die Islamische Republik Iran ist als Nachbarland sehr um die Stabilität Afghanistans besorgt und hat viel Unterstützung für den Wiederaufbau Afghanistans zur Verfügung gestellt", erklärte ein Sprecher von Irans Außenministeriums.

Just an diesem Tag reizte Teheran wieder einmal mit seinem umstrittenen Nuklearprogramm. Der Reaktor in Buschehr wurde mit atomarem Brennstoff bestückt.

Der Eklat über Irans Gelder hatte am Samstag mit einem Bericht der New York Times begonnen. Dort hieß es, dass Karsais Büroleiter Umar Daudsai regelmäßige Bargeld aus dem Iran erhalten habe, um Teherans Einfluss im Präsidentenpalast zu sichern. Am Montag bestätigte Karsai die Zahlungen. Dazwischen lag noch ein anderer Termin: Am Sonntagabend trafen sich Karsai, der Nato-Oberbefehlshaber David Petraeus und hochrangige Diplomaten.

Es ging um die privaten Sicherheitsfirmen, die in Afghanistan operieren. Karsai will, dass sie bis zum 17. Dezember alle das Land verlassen, um Afghanen das Feld zu überlassen. Seit Wochen wird in Kabul nach einem Deal gesucht, um diese Frist zu verlängern. Doch das Treffen am Sonntag soll Karsai erzürnt verlassen haben, ohne von seinem Plan Abstand zu nehmen. Er brauche die Hilfe des Westens nicht, soll er geschimpft haben.

Um die 40.000 Privatsöldner sollen am Hindukusch Dienst tun. Genaue Zahlen gibt es nicht. Sie unterstützen die Nato-Truppen, bewachen Botschaften und Diplomaten, sichern Aufbauprojekte und begleiten Entwicklungshelfer. Ein Milliardengeschäft.

Immer wieder gerieten solche Unternehmen und ihre Mitarbeiter in die Schlagzeilen. 2009 schossen zwei Männer von Blackwater (heute: Xe Services) außer Dienst auf ein Auto afghanischer Zivilisten, weil sie sich bedroht fühlten. Zwei Afghanen starben. Angestellte von Armor-Group, die westliche Botschaften bewachten, wurden entlassen, nachdem Videos über ihre wilden Nacktpartys kursierten.

Die US-Regierung gebe Geld an private Sicherheitsfirmen, "die dann das Geld schicken, um hier Leute umzubringen", sagte Karsai böse und verglich die Firmen gar mit den aufständischen Taliban: "Wir wissen nicht, welche Explosionen auf das Konto der Taliban gehen und wie viele auf ihres."

Trotz des schlechten Rufs, der Privatsheriffs ist der Westen auf die Sicherheitsfirmen angewiesen. Ohne eine längere Übergangsfrist sind nicht nur etliche amerikanische und andere westliche Entwicklungsprojekte in Gefahr, mit denen die Nato die Herzen der Bevölkerung gewinnen will und die deshalb ein Kernstück der Aufstandsbekämpfungsstrategie sind.

Vielmehr müsste der ganze Krieg eingestellt werden, denn ohne Privatsoldaten kann die Nato kaum operieren. Doch Karsai bleibt vorerst hart. Mit seiner demonstrativ zur Schau getragenen Iranfreundschaft verärgert er die USA und markiert Stärke und Unabhängigkeit.

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