CSU verabschiedet Versammlungsgesetz: Bayern stellt Demonstranten ruhig

Die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag hat ihr umstrittenes Versammlungsgesetz verabschiedet. So werden allen Bürgern die Rechte geklaut, meint die Opposition.

Gegen Naziaufmärsche wie diesen im oberfränkischen Gräfenberg werde das neue Gesetz wirken, sagt die CSU. Bild: dpa

BERLIN taz Die Proteste waren laut, doch nun herrscht Ruhe: Der bayerische Landtag hat mit absoluter Mehrheit der CSU-Fraktion in der Nacht zum Donnerstag ihr heftig umstrittenes Versammlungsgesetz verabschiedet. In Bayern darf in Zukunft nur noch demonstriert werden, wenn es niemanden stört.

Die vorangegangene Plenardebatte im Landtag verlief hitzig, immer wieder gab es wütende Zwischenrufe. "Das Gesetz ist ein Angriff auf einen Grundpfeiler der Demokratie", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause. Sie trug wie alle grünen Abgeordneten ein T-Shirt mit der Aufschrift "Wir sind so frei", auf dem hinten der Artikel 113 der Bayerischen Verfassung prangte: "Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln."

Damit ist es jetzt vorbei. Nach dem umstrittenen Gesetz müssen sich Demo-Veranstalter nun unter anderem mindestens 72 Stunden vorher anmelden und detaillierte Angaben zu den erwarteten Teilnehmern machen, die Polizei darf Demonstranten filmen und die Aufnahmen speichern. Außerdem können Demonstrationen verboten werden, wenn sie "die Rechte Dritter unzumutbar beeinträchtigen können" - theoretisch also, wenn sich Anwohner vom Lärm belästigt fühlen.

Das neue Versammlungsgesetz sei nun mal nötig, um Naziaufmärsche zu verhindern, beharrt ein Sprecher der CSU-Fraktion. Den auf dem Plenum geäußerten Vorwurf der Grünen, für die CSU seien mündige und kritische Bürger "nicht mehr als ein Störfaktor", bezeichnet er als "Humbug". "Wir haben eine öffentliche Anhörung gemacht, warum sollten wir also etwas gegen Meinungsfreiheit haben?".

Auch die abschließende Debatte im Münchner Landtag hatte wahren Public-Viewing-Charakter: zahlreiche Bürger und Kritiker des Gesetzes, wie Vertreter der Anwaltskammern und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di verfolgten auf einer Großbildleinwand die Diskussion um die Frage: Ist das rigide Versammlungsgesetz wirklich ein Gesetz gegen Rechtsextremisten - oder ein Gesetz gegen alle?

"Sie scheinen noch nicht verinnerlicht zu haben, dass das Recht, sich zu versammeln, keine Gnade des Staates ist", warf der SPD-Abgeordnete Franz Schindler den CSU-Politikern vor. Diese müssten anerkennen, dass die Menschen das Recht haben, auf die Straße zu gehen, sich eine Meinung zu bilden und sich zu äußer - ohne dass eine Staatsregierung oder ein Parlament ihnen das genehmigen muss. "Auch die Nazis?", kam ein Zwischenruf von der CSU-Fraktion. "Auch die Nazis", lautete die Antwort.

Die SPD-Landtagsfraktion will nun prüfen, ob eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich sein könnte. Das Gleiche hat auch die Gewerkschaft Verdi in München vor: Die hatte seit Freitag mit mehreren Mitgliedern eine Mahnwache vor dem Münchner Landtag abgehalten, um das Gesetzesvorhaben zu stoppen. Damals war das ja auch noch erlaubt.

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