Staatsvertrag Bayerns mit der Kirche: Den Grünen ist auch nichts heilig

Landesfraktionschef Dürr will ein 84 Jahre altes Konkordat ändern. Die CSU wittert einen Angriff auf das Christentum. Der Wahlkampf in Bayern tritt in seine heiße Phase ein.

Lebte Paulus noch, er würde den grünen Schäfchen die Leviten lesen. Doch er ist nur noch eine holzgeschnitzte Figur in der Marienkirche zu München. Bild: dpa

MÜNCHEN taz So sieht für die Wahlkampfstrategen der CSU also ein gutes Wochenende aus: Der Vorsitzende der bayerischen Grünen-Landtagsfraktion, Sepp Dürr, hatte am Freitag in einem Interview Änderungen in einem 84 Jahre alten Staatsvertrag zwischen Bayern und der katholischen Kirche gefordert. Die CSU brauchte nicht einmal einen Tag, um daraus einen lauten Religionsstreit zu machen.

Jedes Jahr fließen etwa 60 Millionen Euro aus dem bayerischen Haushalt an die katholische Kirche. Damit werden Kirchengebäude erhalten und das Gehalt von Priestern bezuschusst, auch das von Bischöfen. Allein der Münchner Erzbischof Reinhard Marx bekommt jeden Monat etwa 10.000 Euro vom Staat. Das alles geht zurück auf ein Konkordat zwischen Bayern und der katholischen Kirche aus dem Jahr 1924. Das hatte Dürr in der Münchner tz kritisiert. Er sagte: "Dieser Staatsvertrag ist so nicht mehr zeitgemäß."

Die Empörung der CSU ließ nicht lange auf sich warten. Ein frontaler "Angriff auf die christliche Leitkultur und die gläubigen Christen", schimpfte Bayerns Ministerpräsident Günter Beckstein. Auch Generalsekretärin Christine Haderthauer war nicht mehr zu bremsen: "Unter dem Deckmantel der Multi-Kulti-Gleichmacherei wollen die Grünen die Kirchen aus dem öffentlichen Leben verbannen. Das gab es schon in der DDR."

Die Reaktions zeigt: Der Wahlkampf in Bayern kommt langsam in die hitzige Phase. Und die Mehrheit der CSU ist den Umfragen wacklig wie lange nicht. Die Parteiführung hat sich in jüngster Zeit oft schwer getan, ihre eigenen Anhänger zu mobilisieren. Kaum ein wahlkampftaugliches Thema ließ sich finden. Vergangene Woche keilte Haderthauer bereits gegen SPD-Chef Kurt-Beck und seine Haltung zur Linkspartei. Dass nun die Grünen das Thema Kirche und Staat auf die Agenda bringen, ist für die CSU ein richtiges Geschenk.

Aber auch bei den Grünen gibt es Kritik am Vorstoß. "Es ist nicht gerade geschickt, das gerade zu diesem Zeitpunkt zu thematisieren", kritisiert der grüne Spitzenkandidat, Sepp Daxenberger, gegenüber der taz seine Parteikollegen. Daxenberger hatte auch einen Abschnitt im grünen Wahlprogramm kritisiert, der sich als Forderung für ein Kruzifix-Verbot an bayerischen Schulen lesen lässt. Dennoch sei Dürrs Vorstoß inhaltlich richtig: "Es muss die Möglichkeit geben, das Konkordat zu diskutieren und zu überdenken."

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, forderte die CSU-Generalsekretärin am Wochenende auf, sich für ihre Aussagen zu entschuldigen. Von der CSU kam keine Reaktion. So einen großen Gefallen möchte die CSU ihrer Konkurrenz dann doch nicht machen.

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